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0208 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 208 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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tum Lhado den Ort Tsiamdo und die große Straße Batang—Lhari—Lhasa erreichen kann. Leichtsinnigerweise teilte ich meine Absicht, dieser Straße nach Süden zu folgen, noch am gleichen Abend der Mannschaft mit. Am nächsten Morgen waren Yin lu tse und Ma „Sechsunddreißig" auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Yin lu tse hatte sich mit Tschang Tung sche sehr angefreundet und Sechsunddreißig" hatte eine ernste Liebschaft in Dscherku ndo zurückgelassen. So war es vielleicht auch nur ein zufälliges Zusammentreffen, daß sie gerade in dieser Nacht ausrückten. Nun fiel mir auf, daß jeden Tag einer von ihnen mit der Bitte um einen größeren Vorschuß bei mir erschienen war. Auch baten beide, ihnen Gewehre für die Nacht zu lassen, weil Räuber in der Nähe seien. Da ich aber die Gewehre im Inneren meines Zeltes behielt und die Pferde wie jeden Abend an der Kette angeschlossen und die Schlüssel dazu auch im Schlafe noch in der Tasche getragen hatte, so war mein Schaden nicht allzu groß. Es war nur ein gold- und silbertauschiertes und mit Karneolen geschmücktes Schwert mitgegangen , das ich in Dscherku ndo von einem Häuptling der Gerdschi erstanden hatte. Am lautesten schimpften die beiden zurückgebliebenen Dunganen Hai und So über die Flüchtigen. „Sie haben unseren einzigen koscheren Kochtopf mitlaufen lassen," jammerten sie voller Verzweiflung, „und obendrein die koschere Wegzehrung für die nächsten vierzehn Tage." ,,,Sechsunddreißig` hat mich noch gestern um einen ganzen Monatslohn erleichtert, um sich silberne Ohrringe zu kaufen," klagte Li in seinem Baß dazwischen. Inzwischen kam verstohlen Da Tschang in mein Zelt und setzte mir auseinander : ,,,Sechsunddreißig` hat mich noch gestern um mein einziges Hemd gebeten, bei Gott, es war zwei Tael in Hsi Hing wert. Wenn ich mir hier ein neues kaufe, so kostet es zehn Rupien. Willst du, daß ich noch weiter mit dir gehe und nicht nach Dscherku ndo zurückkehre, um mir mein Hemd zu holen, so zahle mir jetzt bitte die zehn Rupien für den Schaden, den deine Diener mir angerichtet haben." Er fiel nie einen Augenblick aus der Rolle und wußte immer seinen Vorteil zu wahren. Von den übriggebliebenen vier Mann sprach nur er einigermaßen fließend Tibetisch und nur er verstand die südtibetischen Dialekte.

29. März. Wir begannen um zehn Uhr mit dem Übersetzen über den Dre tschü. Ein halbes Dutzend „go dsche" (geschr. : ko gru), Yaklederboote, standen dazu zu Verfügung. Es war der national-tibetische Schiffstyp, der in ganz Südtibet auf den großen Strömen üblich ist 1). Die größten „go dsche" hatten hier eine Länge von noch nicht 2,5 m bei einer Breite von 1,2 m und einer Bordhöhe von 0,7 m. Die Außenhaut bestand aus Yakleder, dessen Nähte mit Kohlenteer kalfatert waren. Die Spanten — wenn man den Ausdruck dafür gebrauchen darf — waren ungeschälte Fichtenzweige, die das Yakleder überall gespannt zu halten hatten. Einige „go dsche" waren kreisrund und hatten wenig mehr als einen Meter Durchmesser. In die größeren packten die Fährleute je zwei Mann und drei Zentner Lasten dazu. Mit einer solchen Last tauchten diese Coracles zur Hälfte ins Wasser ein. In die kleineren ging wenig mehr als der Bootsmann

1) In Nordosttibet und am ganzen Ma tschü (Hoang ho) sah ich immer nur die breiten viereckigen Kistenboote, die die Nordchinesen bauen. Die Yakhautboote ähneln auffallend manchen Fellbooten der Indianer Nordamerikas. Im Jahresbericht des Smithsonian Inst., Washington 1911, ist z. B. ein rundes Fellboot abgebildet, das dem

Stamme Omaha bei seinen Wanderungen diente; es hätte fast ebensogut vom Dre tschü stammen können.

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