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0240 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 240 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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4050 m hohen Paß. Nach wenigen Stunden war er überschritten und wir standen am Da tschü, der, kleiner als der Dsa tschü, etwa unserem schwäbischen unteren Neckar in der Größe vergleichbar, aus dem Nordwesten herkommt und auch seine große Talrinne nirgends ausfüllt. Ehe wir an seinem Ufer waren, sahen wir auf der linken Seite Kloster Dyoro, das, wie die übrigen Klöster der Gegend, von einer festen Mauer umgeben ist und inmitten zahlreicher Priesterhäuser — es sollen 400 Mönche zum Kloster gehören — ein kleines hübsches Tempelchen und Bethaus zeigt. Die Klosterfront geht der Regel nach gegen Ost und zeigt auf einen See zu, so dem Spruche genügend : „rgyal re brag dang, mdun re mts`o", gelehnt an die steile Bergwand und einen lieblichen See zu Füßen (Tafel XXXVIII).

Der See ist 1000 m lang und 400 m breit und fast rechteckig. Die Ufer sind öde. Erst in ziemlicher Entfernung vom Kloster stehen Bauernhöfe. Lamapriester fördern nicht die allgemeine Kultur und den Anbau des Landes, wie die christlichen Mönche im europäischen Mittelalter es taten. Sie ziehen nie als Lehrer und Leiter des Volks in die Wildnis, wie etwa einst die Zisterzienser. Ihre großen Geister und am meisten bewunderten Männer treiben nur die Unregsamkeit", das „wu wei", das schon viele Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung in den klassischen Büchern der Chinesen gelehrt wird; sie gehen einzig darauf aus, ihre eigenen Leidenschaften zu bekämpfen. Die Klöster aber liegen immer nur da, wo bereits eine Kultur geschaffen ist. In ihrer Umgebung liegen keine Teiche mit fetten Karpfen, keine Gemüsegärten, keine Beete mit feinen Erdbeeren, sogenannten „Pröpstlingen". Um die Klöster herum ist nur ausnahmsweise angebautes Land. Nie geht ein lamaistischer Mönch mit gutem Beispiel im Bebauen des Landes voran. Die großen Klöster besitzen zwar immer Ländereien und oft ganz enorme Güter, aber diese sind vollständig an Bauern verpachtet, die dem Pater Ökonom des Klosters ihre Abgaben machen müssen. Die Mönche machen im übrigen Geldgeschäfte, indem sie Bargeld gegen 12-20 Prozent Zinsen ausleihen.

Ein Hügelzug trennt Dyoro gomba vom heutigen Da tschü-Lauf, so daß es vor dem Blick auf das strömende Wasser geborgen ist. Dies ist für die gedeihliche Entwicklung der heiligen Stätte dringend vonnöten, denn die reißenden Fluten würden alles Glück, alles Gute und Heilige, das die Mönchsgebete in den tagelangen Andachten schaffen, wieder mitfortschwemmen!

Wir erreichten am gleichen Tage noch Schloß Tschuwo (Tschuobo), das neben einem kleinen Dörfchen und kleinen Kloster fünf Stockwerke hoch und dräuend wie ein altdeutsches Raubritternest auf das Tal herniederschaut. Da im Jahr zuvor ein Hochwasser die Brücke fortgespült hatte, die sich dicht dabei, ein Felstor benützend, über den Fluß spannte, so mußten wir durch den Fluß furten. Das Wasser reichte den Tieren an einer geeigneten Stelle bis an den Bauch, aber e i n Tier stolperte in der Mitte des Flusses über unsichtbare Blöcke und 200 exponierte photographische Platten und 300 un-exponierte verdarben bei diesem Unglücksfall neben einigen hundert Jagdpatronen. Die Verlötung der unexponierten Platten, die noch in Deutschland gemacht worden war, hatte nur bei einem einzigen Dutzend geholfen.

Ohne ein unnützes Wort zu verlieren, quartierten mich meine Soldaten in einem großen Hause dicht unterhalb der Burg ein. Ein Lama brachte ebenso, ohne lange zu fragen, Stroh für die hungrigen Tiere, eine Frau tauchte aus einer

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