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0244 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 244 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Durch den Sekretär Li erhielt ich die erste sichere Kunde vom Kriegsschau-

platz in Ba tang, wo Tschao ör föng seit einem Jahre den Ministerresidenten, der 1905 von den Tibetern ermordet worden war, rächte. In Hsi ning war darüber gar nichts bekannt geworden und nur ganz vage Gerüchte waren in Tschendu und Dscherku ndo zu unseren Ohren gekommen. Danach sollten bald die Tibeter, bald die Chinesen Sieger sein. Die Schen si-Kaufleute von Dscherku hatten mir noch dringend abgeraten, nach Ta tsien lu zu reisen, und gesagt, sie hätten wegen dieses Krieges keine neuen Waren bekommen können. Noch in Tschoktsen konnten mir die Kaufleute nicht meine angelegentliche Frage beantworten, ob die große Teestraße nach Ta tsien lu überhaupt offen sei, und jetzt erst erfuhr ich den näheren Sachverhalt, hörte von den Kämpfen, auf die sich Exzellenz v. Mumm Jahre zuvor in seinem Schreiben berufen hatte.

Am Spätnachmittag des 17. April erreichte meine Kavalkade Tschanggu;

wir kamen zuerst an das Kloster dieses Namens, dann an das Dorf und endlich an die alte Burg. Alle drei liegen auf dem rechten Ufer, auf einer breiten Terrasse 200 m über dem Fluß, der hier zu einem großen Bogen ausholt. Der Aufstieg auf den Tschanggu-er Berg ist steil. Zweien meiner Pferde ging es über die Kraft. Auf halber Höhe der Steige ließ plötzlich mein alter Reitschimmel, den ich in den Hartschiu-Yurten von den jungen Rengan-Pferdedieben eingetauscht hatte, den Kopf hängen. Er brachte selbst ohne Sattel kein Bein mehr

hoch und kam, nachdem wir ihm Branntwein eingegossen, auch nur taumelnd wieder ins Tsa lung tschü-Tal hinab, wo er in einer Mühle endete. Noch ein zweites Pferd , ein junges Fuchslein von Lab gomba , hatte einen schlechten Puls bekommen, und war außerstande, den Berg zu erklimmen, doch erholte es sich in der folgenden Nacht wenigstens so weit , daß es mir bis Tschanggu nachgebracht werden konnte, wo ich gerade noch 10 Rupien dafür erhielt. Mit den letzten Kräften erreichte ich also den Ort, wo der erste Verwaltungsbeamte Chinas regierte.

Der Tschanggu-Mandarin hatte den offiziellen Titel „Lu ho tenn hsien", d. h. Kolonistenbezirk des Lu-Flusses. Er war also zugleich Tung ling, d. h. Offizier. Sein Ya men lag in der alten Tu se-Burg. Er bewohnte darin das fünfte Stockwerk. 3 m hohe Käfiggalgen (mo lung) standen als Schildwachen vor seinem Tor. Schwere K`ang-Bretter und Kästchen wie Vogelbauer anzusehen, statt Kanarienvögel aber abgeschlagene Räuberschädel enthaltend, waren sein Aushängeschild und sagten jedem, daß der hiesige Herr nicht mit sich spassen lasse.

Hinter den Käfiggalgen hervor kamen rasch zwei Diener, in bunten Samt und in Seide gekleidet, und forderten mich auf, sofort ihren „da lao ye" aufzusuchen. Waren es die grinsenden Totenköpfe, die mir Respekt und unbedingte Folgsamkeit einflößten, oder war es reine Neugierde, den zu sehen, der so derb die „Fan tse" anzufassen wagte? Ich sprach kein Wort, stieg rasch vom Pferd und folgte den vorauseilenden Chinesen. Erst hasteten wir um drei bis vier Ecken, dann ging es nicht weniger rasch eine steile Holztreppe hinauf und noch eine und wieder eine, die immer noch höhere Tritte hatte. Die Soldaten zogen und schoben mich dabei hilfsbereit. Wieder bogen wir um ein Dutzend Ecken, durcheilten ein Labyrinth von Räumen, eine Schule, Dienerwohnungen, Küchen und Soldatenräume, endlich die Zimmer des Mandarins, bis ich, völlig außer Atem, in einem hübsch getäfelten Saal landete und mich Wu da lao ye"

gegenüber sah.

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