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Meine Tibetreise : vol.2 |
mir serviert wurde 1). Er war wohl schon in der Tibeterzeit ein Festsaal ge-
wesen. Alle Wände und die Decke trugen auf der Holztäfelung in feurigen
Farben gemalte Blumenranken und Jagdszenen. Während der Mahlzeiten
wurden Tibeter, die irgend ein Anliegen hatten, hereingelassen. Kaum im Zimmer,
warfen sie sich auf den Fußboden, und der chinesische Dolmetscher berichtete
an ihrer Statt das Anliegen. Selten wagten die Bittsteller einen Einwurf dazu
zu machen. Auf den trocken herausgebrachten Bescheid des Mandarins mur-
melten sie ein erbärmliches „O liso ! láso !", neigten den Kopf, schlossen die
Augen, erhoben die Hände, die Handflächen zusammengelegt, zur Stirne und
warfen den Kopf aufs neue auf den schmutzigen Fußboden. Solcherart verlief
auch die Audienz für die ärmeren tibetischen Adligen, was diese Leute sehr
erboste.
Im Grundplan erinnerte die Burg in Tschanggu an das Puilunger Herren-
haus, nur waren alle Verhältnisse größer. Das Gebäude ist rechteckig mit
einem flachen Lehmdach und hat vier Flügel, die um einen Innenhof gebaut
sind. Es sind fünf Stockwerke hier, alle von Fichtenstämmen getragen. Nur
die starke Außenmauer ist aus Stein und in ihr finden sich nur im fünften Stock-
werk oben einige Fensterluken. In Zeiten der Not konnte der halbe Stamm
mit Weib und Kind darin unterkommen. Fundamentmauern fehlen auch
diesem Gebäude wie allen Häusern Tibets. Wie man eine Zeltwand aufrichtet,
so sind die Mauern um die vielen Holzsäulen und Balken des Inneren herum-
gebaut, ohne selbständig im Boden halt zu suchen.
Das Dorf Tschanggu legt sich am Rande des Abhangs um das Herrenhaus
herum. Viele seiner Häuser lagen in Trümmern, der Rest ist von Chinesen be-
wohnt. Diese, Kolonisten, die die Mandschu-Regierung hierher verpflanzt hat,
haben meist tibetische Frauen und auch der Baustil ist vollkommen tibetisch.
Der Ort sah friedlich, aber häßlich aus. Die Kolonisten hatten Gemüsebeete
angelegt, aus denen zerfallene Steintürme aufragten, Zeugen von nicht sehr
ferner Kriegszeit und böser Kriegsnot.
Das Kloster Tschanggu ist keine Viertelstunde von der Burg entfernt. Die
Tempelgebäude und das Obergeschoß der Priesterwohnungen sind — wie viel-
fach in Südtibet — aus Holzbalken gezimmert, und alles ist hübsch bunt
bemalt. Eine niedere Mauer umschließt die ganze Anlage (Tafel XLVI). Sie
scheint mehr zum Schutz von Zucht und Sitte der Insassen zu dienen als
zur Verteidigung gegen Angriffe von bewaffneten Feinden. Bei einem Jagd-
ausflug lernte ich zufällig auch noch das Nonnenkloster Tschanggu kennen,
das nur wenige Kilometer weiter in einer Seitenschlucht liegt. In ärmlichen
Hütten beherbergt es über hundert Nonnen. Keine Golddächer verraten diese
Stätte von ferne, keine Mauer schützt die Hütten nach außen. Die Nonnen
schienen mir weit schlechtere Geschäfte zu machen als ihre männlichen Kollegen,
deren Heiligtum mit goldblitzenden Zieraten und Symbolen beladen ist 2).
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Wu tschin hsü Da lao ye hatte sogar chinesische Schlachtschweine aus dem Tiefland kommen lassen, da er die tibetische Schweinerasse, die in ganz Hor in großer Menge gezüchtet wird, für zu fleischig und schlecht schmeckend erklärte. Die Hor-Tibeter essen ihr Schweinefleisch teils roh, teils gesotten.
Nördlich Tschanggu mündet das große Niba-Tal, in dem man nach den Mitteilungen des Mandarins am ersten Tag die Gemeinde Loko, am zweiten Tag Säko, dann Dschema Zakun, Zenyi, Aubanyi, Audschenyi, Ladiao, Datama erreichen kann. Die ersten drei Orte sind von Ho lu (Hor) Tschanggu abhängig und angeblich feste Sied-
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