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0257 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 257 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Ich hatte während des Rittes vom 28. April einen alles durchdringenden Bindfadenregen, der im ganzen 36 Stunden anhielt. Dicke, triefende Nebelschwaden durchtränkten jeden Gegenstand und alle Berge über 4200 m bekamen eine dicke Schneedecke. Es war echte Monsunzeit geworden. Die südöstliche Luftströmung begann nun ihren Wasserballast an den hohen Bergen abzuladen. Jetzt regten sich auch endlich die ersten grünen Grasspitzen auf den Viehweiden neben den Feldern.

Am Passe versagte mein neues Reitpferd und vor Tagesschluß blieben auch zwei Ula-Pferde liegen, auf denen die Soldaten seit Tschanggu einige der Regierung gehörende Lasten beförderten. Darum mußten bei diesem Regierungstransport noch meine Privatrösser mithelfen.

Eine andere Nacht quartierten mich meine Soldaten im Hause des Vogts von Basmi ein. Der chinesische Titel dieser Art Herren lautet Tu be hu. Auch

dieses Gebäude war beim letzten Einfall der Tschangui bis auf die Grundmauern

zerstört worden. Es war darum ein ganz neues Haus und die Räume waren alle noch sehr sauber. Der Fußboden wie die Decke war mit Brettern verschalt und

die Fenster waren mit Papier verklebt. An die Wände waren Bilder, Heiligenszenen und Jagdphantasien gemalt. Eine gleich saubere und gesunde Wohnung hatte ich in den Provinzen Kan su und Schen si nie angetroffen (Tafel XLIV).

Ganz nahe von Basmi blühte bis vor wenigen Jahren ein Kloster Tsebtschir (rdyibtsen), das jetzt dem Erdboden gleich gemacht ist, weil es den BönboGlauben hochhielt. Hohe achteckige Turmreste aus unbehauenen Feldsteinen ragten aus jener Zeit an den verschiedensten Stellen des Tales gen Himmel.

Unterwegs begegneten mir auch noch einige Anhänger des Bönbo-Glaubens,

die ihre Gebetmühlen links herum schwangen und auch links um einen als heilig verehrten Hügel herumgingen. Meine tibetischen Reisegefährten aus

Tschanggu schüttelten sich vor Lachen, als sie die Bönbo bei ihrem Bittgang bemerkten, und riefen ein über das andere Mal : „O diese albernen Leute ! All ihr Bitten und Beten ist ja ganz umsonst! Die Gebete bleiben stumm, wenn sie falsch herumgedreht werden."

Auch die Tracht der Weiber zeigte mir, daß ich hier nun eine andere Kulturzone betreten hatte. Sie mutete zivilisierter an als weiter oben und hinten. Das

Haar wird wie im ganzen Randgebiet von Südosttibet in Zöpfen um den Kopf geschlungen und darein ein Kranz von gelben Bernsteinknollen und roten Steinen (Carneolen) gewunden. Vorn am Hals steckt ihnen als Brosche ein schweres Schmuckstück, das bei Weniger Bemittelten aus Silber gearbeitet ist, bei den Reichen in gelbem Goldfiligran himmelblaue Türkisen sehen läßt (Tafel XXXIV).

Man kann von Dawo nach Ta tsien lu, wenn man einmal jenseits des HekaPasses ist, auf zwei Wegen gelangen. Die beiden Routen lassen ein hohes, schon fast meridionales Gebirge mit Schneegipfeln und Gletschern in ihrer Mitte.

Der östliche Weg verläßt für kurze Zeit das Land des Ming tscheng Tu se und führt durch Tai fling (chines. auch Tai ling benannt, tibet. : ngGatag gomba),

eine freie, gelbe Klostergemeinde, die einem Kampo aus Lhasa untersteht und mit der im Jahre 1905 die setschuanesische Provinzialregierung vermittelst einer rasch ausgehobenen Yung-Soldateska ziemlich blutige Kämpfe um den Besitz der dortigen reichen Goldfelder zu bestehen hatte 1).

1) Die Lama hatten verhindern wollen, daß sich chinesische Arbeiter bei ihnen festsetzten, um ihre Goldfelder auszubeuten. Sie hatten religiöse Bedenken vorgeschützt

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