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Meine Tibetreise : vol.2 |
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Den Weg über Tai ning schlagen die meisten Teekarawanen ein, die von
Ta tsien lu aus nach Gantse und weiter einwärts ziehen. Er macht mehrmaliges
Lagern im Freien nötig, während man auf der westlichen Route jeden Abend
im Hause eines anderen Distriktchefs, d. h. eines „tu be hu" (tu be fu), absteigen
und sich an Quartieren erfreuen kann, die teilweise recht stattliche und pittoresk
aussehende Burgen mit dicken, vier- und mehreckigen Türmen sind. Der Turm
von Tschamba dzong z. B. erinnerte mich lebhaft an einige unserer ältesten
Bergfriede und scheint auch hier einmal dieselbe Bestimmung gehabt zu haben.
Der westliche Weg, dem ich folgte, führt über block- und schotterreiche
Terrassen, die zwar von Talrissen vielfältig zerteilt sind, aber doch zu einer
zusammengehörigen Hochfläche von 4000-4250 m Höhe gehören. Ich hatte
schönes Wetter getroffen, und die Gipfel des Dschara re (Zarsun) und des Hai tse
schan-Massivs (Bd. I, Tafel XLIV) mit ihren heutigen Gletscherrudimenten,
die mich zur linken Hand begleiteten, zeigten sich zwei Tage lang in schönster
Pracht. Der Hauptgipfel überragt um 2000 m die Straße. Aus weiter, weiter
Ferne im Süden winkten dazu heilige Bergriesen des Bogungga (Bd. II,
Tafel XLV) herüber, die hoch über 6000 m hinaufragen, während nach Westen
gegen das Li tang-Land zu sich eine Steppenhochfläche in 4000 m Höhe bis
zu einem unschätzbar fernen Horizonte ausdehnte. Nirgends lockte dort im
Westen eine auffallende Zacke oder ein vorspringender Gipfel. Ein schönes
Weideland lag über einer alten, unendlichen Fastebene, auf der Myriaden von
Yakrindern weiden können. Aber auch diese Fläche ist nur Schein. Der Nya
tschü (Ya lung kiang) nicht allein, sondern auch alle seine zahllosen Neben-
flüsse haben dies Land tausendfach zerrissen und sich tief darin eingelassen 1).
Es ist das Land Minyag, wo nicht bloß Viehweiden, sondern in den Tälern
auch noch Getreidefelder Platz finden, die zu einem großen Teil die Stadt Ta
und eigensinnig behauptet, jedes Graben in den Alluvialgeschieben störe die Erdgeister. Ihr Widerstand war auch noch im Kampfe verzweifelt und im Verlauf des kleinen Krieges brach in Ta tsien lu sogar eine Panik aus. Man wähnte, die Mönche hätten die Tschantui überredet, ihnen zu Hilfe zu kommen, und die Tschantui ständen schon dicht vor den Toren. Jeder vergrub eilends Geld und Wertsachen. Bald wurde aber das Kloster von den Chinesen gestürmt und geplündert. Der Kampo (mKanbo) des Klosters, der zugleich eine Art Gesandten des Dewa schung darstellt, klagte später gegen die Mandarine vor dem Thron in Peking und erhielt von dort einen großen Teil seines Schadens ersetzt, so daß die Mönche ihr Kloster seither wieder aufbauen konnten.
Der Hauptort mit dem Kloster liegt 10 km nördlich von Basmi. Zurzeit waren 400-500 Goldwäscher in Tätigkeit.
In ngGatag hatten die Mandschuren zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine größere Besatzung liegen und sie verpflanzten 1728-1734 den Dalai Lama hierher, um ihn vor den Beeinflussungen der Kalmüken von Ili und vor einem neuen Einfall von Norden her zu schützen. Die Kalmüken nahmen es immer erstaunlich leicht, von Ili an der russisch-sibirischen Grenze durch die Lobwüste und über die Ode der Tschang tang zu ziehen, um Lhasa zu überfallen und zu erobern. Sie haben im ganzen vier militärische Expeditionen über die Tschang tang gesandt, die siegreich waren. Es ist deshalb auch sehr begreiflich, daß die englisch-indische Regierung stets ein Auge auf Zentraltibet hat und es nicht für ausgeschlossen hält, daß sich eines Tages ein unliebsamer Gegner vom Norden in dem Glacis, das Tibet für Indien darstellt, einnisten könnte. Etwas Orts- und Sachkenntnis vorausgesetzt , vermag eine Abteilung von 5000 bis 6000 Reitern jederzeit Lhasa über die Tschang tang zu erreichen , während die Himalayapässe nur im Sommer offen sind.
1) An der Ta tsien lu-Ba taug-Straße ist der Ya lung kiang nur noch 2730 m hoch.
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