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0262 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 262 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Besitzungen sein eigen. Diese Klostergüter liegen mit kleinen Ausnahmen im Minyag-Land (chines. : Munia schan)1), in den 18 Vogteien des Dschagla-Königreichs, welche vom Dschedo la aus südwestwärts bis an den Nya tschü reichen. Neben den Klosterpriestern befinden sich in Ta tsien lu noch 100-150 Privat-

priester der verschiedensten Sekten als Hausseelsorger, die teilweise ein weit besseres Einkommen verzeichnen, als wenn sie sich in ein reiches Kloster hätten aufnehmen lassen, wo sie nur in die Familien gesandt werden, wenn sie der Liste des Klosters nach gerade an der Reihe sind.

Das tibetische Fürstengeschlecht der Dyala dyalbo oder (geschr.) 1Dschagsla

rgyalbo herrschte bis in die letzten Jahre des 17. Jahrhunderts uneingeschränkt über ihr heute noch ansehnliches Reich, das vom Nya tschü (Ya lung kiang) bis zum großen Goldfluß (Tung ho, Da tu ho) reicht und bei der Brücke Lu ting kiao (erbaut 1701) an den Distrikt von Ya tschou fu und die fast ganz chinesi-

fizierten Reichlein der tibetischen Leng pien und Schen pien Tu se angrenzt. Als kluge Berechner des tatsächlichen Kräfteverhältnisses beugten sie sich vor der Übermacht der Mandschu-Kaiser, als diese Lust zeigten, Tibet zu erobern. Sie gaben immer die Straße frei, verfeindeten sich aber dadurch mit dem Dalai Lama und seinem Dewa schung.

Mittlerweile sind Tausende von chinesischen Kolonisten in das Land eingewandert, haben der Straße entlang Ländereien gekauft, und von Lu ting kiao bis Ta tsien lu am Lu ho stößt man fast nur auf Chinesen, die an ihre chinesischen Beamten Steuer bezahlen, so daß heute das Reich Ming tscheng erst bei Ta tsien lu beginnt 2). Die Stadt Ta tsien lu ist der Hauptstützpunkt der chinesischen Macht in Tibet geworden. Daß die alten Dschagla-Könige aber überhaupt noch da sind, daß sie sich so weit haben halten können, daß sie nie die Geduld verloren, ist geradezu ein Wunder und zeugt von einer ganz besonderen Begabung.

Der König ist heute noch für seine Tibeter absoluter Herrscher, und abseits der großen Heerstraße in den Seitentälern schalten und walten nur er und seine Vögte. In Ta tsien lu selbst sind ihm gewisse Steuerrechte in bezug auf den Teehandel verblieben. Ja, die Bewegungsfreiheit, die ihm von der chinesischen Regierung gelassen wird, geht manchmal ganz erstaunlich weit. Als ums Jahr 1900 der zweite Sohn des früheren Herrschers der von Peking anerkannte König war und sich mit seinem jüngeren Bruder, dem jetzigen König, wegen seines Erbes, des Klosters Dordyi dschak, verzankt hatte, mischten sich die chinesischen Mandarine nicht in diesen Streit und gingen ruhig ihren Geschäften nach, obwohl Nacht um Nacht vor den Toren der Stadt zwischen den Anhängern der beiden feindlichen Brüder Kugeln getauscht wurden und mancher treue Knecht vor den Augen der Chinesen ins Gras beißen mußte. Als der ältere Bruder inmitten dieser Streitigkeiten kinderlos starb — man munkelte allerlei über seinen plötzlichen Tod — wurde der jüngere Bruder 1901 ohne weiteres als König

  1. Minyag , Muniag oder Mi-nag. Von verschiedenen Reisenden wurden diese Namen oder Menia oder Minjag für den Namen weiter entfernt wohnender Stämme gehalten und auf einer Reihe Atlanten ist deshalb dieses Wort in die Gegend von Hor Gantse und Dergi geraten. Tatsächlich bezeichnet es nur die Gegend des unteren

Nya tschü und früher einmal das Land des Hsi Hsia-Reiches (s. S. 125 Bd. I). Es bezeichnet ein „unteres" Land.

  1. Das rechte Ufer des Tung ho und das Lu ho-Tal unterstehen dem Tsa li Ts`ien hu, einem Obervogt von Ming tscheng, der heute aber dort wenig mehr zu sagen hat.

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