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0272 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 272 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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„Unterland", die gewohnt waren, auf den schlechtesten Fußwegen die schwersten Lasten zu tragen — meine stolzen Hsi ning-Leute nannten sie daher „lü tse", Lastesel — und alle waren ohne jede Ahnung von dem Lande, in das sie sich anheischig machten, mit mir zu gehen ; keiner hatte auch nur den leisesten Begriff von den Mühsalen des „Ts`ao ti". Sinnlos wie Eintagsfliegen ins Licht stürzten sie sich auf jeden in Aussicht stehenden Lohn.

Endlich bot sich als Dolmetscher für die Kin tschuan-Sprache ein Tibeter an, der aus Hsü tsching am mittleren großen Goldfluß stammte und seit einigen Jahren in Ta tsien lu lebte, so daß er nun sowohl seine Muttersprache von Kin tschuan beherrschte, als auch das in Ta tsien lu gesprochene Hochtibetisch, das mit dem Dialekt von Lhasa fast identisch ist, daneben aber auch bereits etwas Chinesisch erlernt hatte. Er nannte sich in der Stadt Ta tsien lu Yang, stammte jedoch von den freien Höfen und dem Geschlecht der Langgo in Kin tschuan. In seinem Heimatsdialekt nannten sie ihn „Brdyal", ein Vorname, der in Kin tschuan häufig ist und dem im Hochtibetischen vielleicht „ndschukdyal" entspricht, d. h. der im Drachenjahr geborene „dyal". Außer ihm hatte ich noch zwei Dawo-Tibeter in Dienst genommen, die sich „Dardyi" und „ Skewliu" nannten, kräftige Gestalten , die mich durch ihre Lebhaftigkeit und Geschmeidigkeit anzogen, die aber leider außer ihrem Heimatsdialekt von Dawo nur ganz schlecht Hochtibetisch und gar nicht Chinesisch sprachen.

Am 2. Juni verließ ich Ta tsien lu durch das Nordtor auf der Straße, die über Tai ning nach Dawo führt. Man reist ziemlich gerade aus nach Norden und folgt einem gewaltigen Trogtal, dessen steile Seitenhänge mit dichten Wäldern bestockt sind. In der Talsohle windet sich ein Bach von mäßiger Größe hin und her, und nur dann und wann unterbricht eine winzige Hausgruppe die Einsamkeit. Ich reiste sehr langsam, schonte nach Möglichkeit meine Tiere, die sich in der Stadt leider nur wenig hatten erholen können, erfreute mich an dem rosaweißen Blütenmeer der Rhododendren, die die Berge übergossen, und kam am dritten Tage an den Fuß des Da po schan.

Mit meiner Begleitung war ich noch nicht gut eingespielt. Wir verstanden uns oft schlecht und falsch, und die beiden Dawo-Leute waren gewalttätige Gesellen. Auch Brdyal verstand kein Wort, wenn sie sich in ihrer Dawo-Sprache unterhielten. Den Soldaten und die „Ban tsch`ai de", die mir die Mandarinen mitgegeben hatten, bekam ich selten einmal zu Gesicht. Als ich am Morgen des zweiten Tages aus dem Zelt trat, brachten die beiden Dawo-Leute einen stattlichen gesattelten Bastardyak daher, den sie im Busch gefunden haben wollten. Nach einiger Zeit kamen die Besitzer, zum Glück Landsleute aus Dawo und Bekannte meines Skewliu und Dardyi. Meine beiden Biedermänner preßten ihnen aber trotzdem 3 Rupien als Finderlohn für das Tier ab, und als ich eine abfällige Bemerkung hierüber mir zu machen erlaubte, brummten sie mich bärbeißig an, als verstände ich nichts von ihren Sitten. Später brachten meine Diener und die Polizeisoldaten ganz gegen meinen Willen Ula-Lasttiere daher, die sie irgendwo in einem Lager geholt hatten, ohne daß ich darum wußte, weil ich ihnen zu langsam reiste. Während ich einigen Fasanen nachspürte, wurde mit nervöser Hast meine Bagage von meinen Tieren gerissen und auf diet Ula geladen. Ich sah böse Geister, die ich mir gerufen, war aber ratlos, wie ich mein eigener Herr werden sollte, ohne daß sie mir an der nächsten Bergecke

davonliefen.

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