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0282 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 282 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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zurückzuhalten, die Lasten abzuschneiden und sie trotz des schmalen Weges

umzudrehen. Dann erst konnten wir ins nächste Dorf eilen, um Bretter und

Hilfskräfte zu kaufen und zu dingen (Tafel XLIX).

Meine Reise erregte unter den Ansässigen großes Aufsehen, weil hier selten

mit Pferden und Maultieren gereist wird. Den geringen Güterverkehr vermitteln

für gewöhnlich chinesische Kuli, die ihre Lasten hoch aufgeschichtet auf den

Schultern tragen. Daß größere Lasten an einer federnden horizontalen Trag-

stange befördert werden, wie es im unteren China, in Hu pe usw. der Brauch ist,

kommt hier nur bei einzelnen umherziehenden Gewerben und Spezialisten vor,

die von einer bestimmten Gegend Chinas aus die westlichen Grenzländer über-

schwemmen.

In Romi Tschanggu hatte ich mich dagegen gesträubt, Ula vom Ya men

zu fordern. Ich hielt es nicht für richtig, als Ausländer dieses Recht zu bean-

spruchen. Die Schwierigkeiten des Wegs häuften sich aber bald derartig, daß

ich diese Rücksichtnahme sehr bedauerte. Die Straße war in viel schlechterem

Zustand, als man mir gestanden hatte, und unterwegs fand ich nur für sehr hohe

Preise und ganz kurze Strecken einige Hilfskräfte. Ich hatte so viel Unglücks-

fälle, daß ich schließlich in meinem Tagebuch die Tage besonders anstrich,

an denen mir nicht irgend ein größeres Unheil widerfuhr. Es war auch beinahe

unmöglich, Stroh für die Tiere zu kaufen. Das reine Maismehl aber, das wir

ihnen vorsetzen mußten, verursachte Kolikanfälle. So verlor ich am 16. Juni

ein Pferd an Kolik und konnte zwei andere nur mit knapper Not noch kurieren.

In der Nacht vom 16. auf den 17. zog ein äußerst heftiges Gewitter mit

Wolkenbruch durch das Tal, daß das Echo der Donnerschläge zwischen den

hohen Felswänden nicht aufhören wollte und von allen Seiten eine Sintflut

niederstürzte. Der Fluß schwoll in einer Stunde um 11/2 m an. Die Einwohner

— ich war bei Chinesen zu Gast, die in kleinen Hütten am Wege wohnten —

zündeten ihre Weihrauchkerzchen an und steckten sie an die Türpfosten. In

den kurzen Pausen zwischen den Donnerschlägen knatterten ohne Unterlaß

ihre „crackers" und der Name „Yü hwang ye" wurde tausendfältig zur offenen

Türe hinausgerufen.

Am Morgen des 17. waren wir kaum 2 km weiter gekommen, als uns die

trüben hochgehenden Wogen des angeschwollenen Hsiao kin tschuan ho un-

erbittlich den Weg versperrten. Anderthalb Meter hoch spülten die Fluten

auf der Wegtrace, die als schmales Band am Fuß der jähen Talwände sich

hinzog. Bei einem Versuch, das Hindernis zu forcieren, wurde unser Führer

um Haaresbreite mit einem der Pferde von der Strömung weggespült. Es hieß

warten, bis sich das Wasser verlaufen hatte, und da ich meine Pferdefutter-

vorräte im letzten Quartier nicht hatte erneuern können, so blieb ich mit den

Lasten in einem Zelt am Flußufer liegen und sandte Skewliu und Dardyi mit den

Tieren leer nach dem Kloster Tschortensa gomba zurück, an dem ich zwei Tage

früher vorbeigekommen war (Tafel LIII).

Am 18. Juni stieg das Wasser noch immer weiter, obwohl bei uns mittlerweile

schönes Wetter eingesetzt hatte und das Thermometer mittags bis auf + 34°

gestiegen war. Am Nachmittag, als ich gerade wieder sehnsüchtig an meinem

Pegel nach dem Wasserstand gesehen hatte, brachten die Wogen kurz hinter-

einander zwei Kulileichen. Wie riesige Schweinsblasen tanzten zwei umfang-

reiche Lasten auf der Oberfläche stromabwärts und daran hingen die Körper

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