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0283 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 283 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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der Unglücklichen, willenlos bald zwischen die treibenden Baumstämme gequetscht, bald gegen Felsklippen gestoßen.

Endlich am 19. fiel das Wasser um 4 Fuß. Gleichzeitig hatte ich fünfzehn Chinesen zusammengebracht, die meine Lasten weitertrugen. An einigen schwierigen und tiefen Stellen gingen die Kuli angeseilt, so daß keinem ein Unglück zustoßen konnte. Nach 2 km erreichten wir die Brücke Dä hsin kiao, wo der grüßte Teil der Träger ausgewechselt werden mußte, nachdem auch Skewliu und Dardyi mit den leeren Tieren glücklich durchgekommen waren.

3 km weiter gab es das nächste Hindernis, von dem mir zuvor kein Mensch gesprochen hatte. Hier hatte sich eine Mure über die Straße und die Äcker im Talgrund ergossen, die den Verkehr vollkommen hemmte, so daß die Tiere bei jedem Schritt bis an den Bauch einsanken und ich mir einen Knüppeldamm bauen mußte, um sie vorwärts zu bringen. Am Flußrand schien es besser zu gehen, weil dort mehr Steine lagen. Brdyal versuchte dort mein bestes K`amPferd durchzuführen. Ganz plötzlich geriet aber das Tier an eine zu lockere Stelle und sank und sank. Mit unseren vereinten Kräften konnten wir es nur noch halb erstickt heraushebeln. Eine Viertelstunde später war es tot.

Nachdem wir von Tagesanbruch an gearbeitet hatten, befanden wir uns um vier Uhr nachmittags kurz oberhalb der Schlammure auf einem trockenen Plätzchen der zwei Fuß breiten Straße. Die Träger von Dä hsin kiao verlangten jetzt ihren Lohn ausbezahlt, weil sie zum Essen gehen wollten und der Weg weiterhin keine Schwierigkeit mehr bieten sollte. Kaum ein paar hundert Schritte weiter oben aber hatten herabstürzende Regenmassen den Weg in einer kleinen Klamm so vollkommen weggewaschen, daß nur noch Fußgänger und auch diese nur mit Händen und Füßen kletternd durchkamen. Hilflos standen wir mit den Pferden vor dem neuen Hindernis. Todmüde legten sich die Tiere mit den Lasten auf dem Rücken auf den schmalen Pfad und auf die nächsten Äckerchen. Bis neue Leute und Haken, Bohlen und Beile gefunden waren, um die kaiserliche Heerstraße zu reparieren, war es dunkel geworden, und tief in der Nacht erst erreichte die Karawane Ort und Gasthaus Senggersung. Zu 9 km hatten wir an diesem Tage fünfzehn lange Stunden nötig.

Die Höhe von Senggersung berechnete sich auf 2200 m. Der Weg von hier an bot nun keine Schwierigkeit mehr. Das Tal wurde weiter, die Talsohle breiter. Die Böschungswinkel der Berge nahmen um mehrere Grade ab. Das Tal folgte jetzt dem allgemeinen Streichen des Tonschiefergebirges, dessen Schichten auch hier steil aufgerichtet und noch N 65 ° W wie im Norden und im Innern Tibets ziehen.

Im Gasthause zu Senggersung kamen auch meine Romi Tschanggu-Gendarmen wieder zum Vorschein. Sie lagen friedlich auf einer Pritsche und — rauchten ihr Opium, wie sie es schon seit drei Tagen gehalten hatten. Wie gute Dienste hätten sie mir doch leisten können, wenn sie mich nicht schon an der Hängebrücke verlassen hätten !

Die 60 Li Entfernung (nach chinesischer Berechnung) von Senggersung nach Mu gung ting, dem Hauptort des ganzen Kin tschuan, konnte am 20. Juni ohne Unfall und in wenigen Stunden zurückgelegt werden. Sechs Tage und drei Pferde hatte dagegen die Strecke Romi Tschanggu—Senggersung gekostet, eine Strecke, die die Chinesen zu 120 Li rechnen').

1) Nach meiner Karte sind es sogar nur 35 km. In West-Se tschuan fand ich sonst meistens das Li zu 0,4 km.

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