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0292 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 292 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Krieg heraufbeschworen hatte, wurde als Gefangener nach Peking geschleppt. [Die zweite, die Südabteilung, hatte zuvor in diesem Jahr eine Niederlage erlitten und nahezu 3000 Mann im Kampf mit den Tsanla verloren.] Nach der Eroberung des Tsanla-Reichs war man in Peking noch im Zweifel, ob man an die Bekämpfung von Rardan gehen solle. Der einundzwanzigjährige Rardan-König Sonam wiegelte aber die Tsanla noch einmal auf und diese überraschten eine Abteilung von 20 000 Chinesen (die Getreidelastkuli ungerechnet), die von Kwan hsien ausgerückt waren und in Tsanla am Passe Mu gu mu standen. Mehr als 3000 Mann fielen und der Rest wurde in alle Winde zerstreut. Der Kaiser ließ deswegen König Tsewang in einer Straße von Peking in Stücke reißen und sandte nun den Gardegeneral Akuei und Elitetruppen aus Kirin, die mit den neuesten Feuerwaffen ausgestattet wurden. Er ließ eine Nordabteilung, die von Somo und Tschoktsi und Tschoskiab und im Verein mit den Truppen dieser Könige operierte, und eine Ostabteilung, die von Kwan hsien zusammen mit den Wa se und Woksche nach Tsanla vorging, endlich eine Südabteilung bilden, die mit Ming tscheng und rGechitsa die Westseite des Flusses angriff. Trotzdem wurden nach der ziemlich raschen Wiederbesetzung des Tsanla-Landes nur mehr sehr langsame Fortschritte erzielt. Turm um Turm, Burg um Burg mußte belagert und genommen werden (Tafel LI). Überall stieß man auf zähesten Widerstand. In den Berichten der Generale wird von dreihundert und mehr Steintürmen gesprochen, die die Eingeborenen an einer Bergseite errichtet hatten und die genommen sein wollten, wenn man in dem Tale weiterkommen wollte. Die wichtigsten Burgen oder powrang des Rardan-Landes waren Gelengge, Leu (oder Lewu, chin.: Le wu wei) und Ka ör ya oder nach den mandschurischen Berichten Garai (bei de Mailla Karai, chines.: Ka ör ya, was mir das heutige Guar nge [tibet.] oder chin.: Tsung hoa zu sein dünkt oder was zum mindesten in dessen Nähe lag). Es brauchte aber Jahre fortwährenden Kampfes, bis sich die chinesisch-mandschurischen Heereskörper mit ihren tibetischen Hilfsvölkern an diese Hauptplätze herangearbeitet hatten. Wenn man einen Ring von befestigten Stellungen eingenommen hatte, stieß man gleich am Berg dahinter wieder auf einen neuen. Gelengge fiel erst im V. Monat des Jahres 1775; die Königsburg Leu wurde endlich in der Nacht des 15. VIII. 1775 durch die chinesische Artillerie in Brand geschossen und gebrochen 1). Der Widerstand aber war damit noch um nichts schwächer geworden. Die Berichte zählen noch anderthalb Dutzend Burgen auf, die der Reihe nach überwältigt werden mußten, bis die Heere endlich die Hauptstellung, die südliche der beiden Königsburgen, Guar nge (chin.: Ka ör ya, mandschur. : Karai), am 17. des XII. chinesischen Monats 1775 einschließen konnten. Nachdem noch ein weiteres Dutzend fester Plätze, darunter Marbang, der Grenzort gegen Bati, eingenommen worden waren, hatten die chinesischen Feldherren alle ihre Truppen um Guar nge vereinigt und endlich am 4. Tage des II. Monats im einundvierzigsten Regierungsjahr Kien lungs (1776) konnte dem Kaiser gemeldet werden, daß auch die Königsburg Guar nge gefallen sei. Nach einer mehr als vierzigtägigen Belagerung hatte sich König Sonam nicht mehr halten können. Langka und Senggisang waren früher gestorben. Er ergab sich — es waren zuletzt die Lebensmittel ausgegangen, auch war ihnen das Wasser abgeschnitten worden — mit seinen Brüdern und Frauen und — 2000 Mann Besatzung. Das Rardan-Reich war damit zertrümmert und das ganze Kin tschuan lag zu Füßen der Chinesen. Der Eilbrief, der die Unterwerfung meldete, soll dem Scheng wu dyi zufolge nach nur acht ( !) Tagen in Peking in den Händen des Kaisers gewesen sein und der Krieg soll nach derselben Quelle 70 Millionen Tael gekostet haben, mehr als das Doppelte wie die Vernichtung des Kalmükenreichs in der Dsungarei und die Eroberung von Turkistan einige Jahre zuvor.

Chinesisch-mandschurische Staatsraison ließ natürlich den besiegten Helden keine Gnade widerfahren. Für das alte Reich der Mitte handelte es sich immer nur um Rebellen, wenn jemand irgendwo auf der Welt anders denken wollte als die Machthaber auf dem Drachenthron. König Sonam wurde als Gefangener nach Peking ge-

1) De Mailla, Histoire ...., berichtet, daß der Generalissimus Akuei wegen der engen und gewundenen Bergpfade seine Geschütze erst an Ort und Stelle aus Eisen-und Bronzebarren, die ihm sein Kuliheer nachtrug, gegossen habe. Die Chinesen

behielten dieses Verfahren bei ihren vielen Gebirgskriegen und Rebellionen bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus bei.

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