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0299 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 299 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Auch am zweiten Tage dauert das Fest oft bis in die Nacht hinein, bis alle Vorräte des Dorfes zu Ende sind.

Im Herbst allein kennt man kein größeres Fest. Alles ist dann vollauf mit der Ernte, mit Dreschen und Pflügen beschäftigt. Es würde ja auch nicht dem ostasiatischen Volksgefühl und Nationalcharakter entsprechen, wenn irgend ein Ernte dank fest gefeiert würde ! Später im Jahr, nachdem längst der erste Schnee gefallen ist, versammeln sich die Männer des Dorfes, schlachten gemeinsam ein bis zwei Yakrinder, die sie bei den Zeltbewohnern höher oben gekauft haben, und gehen dann zusammen acht bis zehn Tage lang mit ihren Schadschüch` auf die Jagd in die Wälder. Während des ganzen Frühjahrs und Sommers darf nirgends gejagt werden, damit die Wald- und Berggötter nicht verärgert werden und womöglich Hagel schicken und die Ernte vernichten. Alle Tschungro und Dorfvorsteher achten stets darauf sehr genau und bestrafen mit großer Strenge, — selbst Chinesen wird das Gewehr weggenommen — wer immer beim Übertreten dieses Gebots erwischt wird. Das geschätzteste Wild ist auch in Kin tschuan das Moschushirschchen, „dyamso" genannt, dann der große ostasiatische Hirsch , „schaoë" , die Klippziege [Capricornis (Nemordhoedus) argyrochaetes Heude ; chin. : ngä lb., in der Kin tschuan- Sprache : „rië"], Wildschafe (Pseudovis nayans Hodgs., „lurgot" bei Tibetern und Rardan ba), die in Rudeln zu vierzig und fünfzig Stück vorkommen, und der Budorcas taxicolor (chin.: da tschin) und verschiedene Pantherarten wie der Irbis haben hier die Grenze ihres Verbreitungsgebiets. Der Ailuropus melanoleucus Edw., früher Ursus melanoleucus, der weiße osttibetische Katzenbär, der seltsamste der drei sonderbaren Vertreter der nur zwischen östlichem Himalaya und Se tschuan vorkommenden Familie der Ailurinae, der bekanntlich erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde, haust hier neben dem schwarzen Ursus tibetanus. Der Ailuropus melanoleucus ist auf das chinesisch-tibetische Grenzgebiet beschränkt und fehlt bereits in den benachbarten Hor ba- Staaten. In der Kin tschuan-Sprache heißt er „dschragom" (Klippbär) ; unter Zoologen ist er meist als Bambusbär bekannt. Er ist auch hier nicht häufig und treibt sich meist einsam in den schwer zugänglichen Urwaldschluchten und auf Bäumen zwischen 1500 und 3500 m Meereshöhe umher; er lebt von Wurzeln, Beeren, vor allem von Eicheln. Im Herbst, wenn die Felder reifen, wagt er sich bei Nacht wie die echten Bären aus dem dichten Dschungel heraus und wird dann mit Schlingen und auch mit der Gabelflinte von den eingeborenen Jägern erlegt. Er erreicht eine Länge von 1,30 m, ist von blendend weißer Grundfarbe, und hat nur einen schwarzen Augenring, schwarze Hinterfüße und die Vorderbeine bis zur Schulter sowie die Schwanzspitze schwarz. Sein Fell kommt manchmal in die Hände chinesischer Händler; es ist bei den Eingeborenen wenig geschätzt und um wenige Kupfercash zu haben, da es kurzhaarig ist. Das Fleisch gilt für ungenießbar. Das zweite Tier dieser Familie, der kleine Kitek, Ailurus fulgens styani Thos., in der Größe eines Fuchses, ist häufiger. Es sucht in Kin tschuan meist zu zweien und dreien nächtlicherweile die Eingeborenenhöfe auf und stiehlt

naschdien sdang mu nesgo dsche ( = kri) tschü sgor gari tschin tsen re dschra sgor gari yalwa go."

(di = tschen [tibet.] groß; tsa = klein; dschra = brag [tibet.] Klippe; yalwa = yolwa [tibet.] Vorhang, Schirm. Das Lied ist halb in hochtibetischer, halb in Kin tschuan = Sprache gehalten.)

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