National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0303 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 303 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

derartiges Unheil anstiftet, haben in Kin tschuan alle Haustüren nur geringe Höhe, so daß man bloß in gebückter Haltung durch den Eingang schlüpfen kann. Der Lama sucht in diesem Falle den wLa nach stundenlangem Beten und Anrufen der Götter aus dem Körper auszutreiben. Er sitzt mit seinen Gehilfen auf einem erhöhten Sitz neben der Leiche, plötzlich bleibt er unbeweglich wie in Trance, schließt die Augen und mahnt dann durch Rülpslaute, üh ! und drei schrille püt ! — püt !, daß es Zeit sei, den toten Körper zu verlassen. Er peitscht, wenn dies nicht zu genügen scheint, dem Toten mit seinem Rosenkranz ins Gesicht, und wenn Zersetzungsgase den Körper aufblähen, schlägt er mit voller Kraft mit seiner aus einem menschlichen Schienbein gefertigten Trompete auf den Bauch, bis die Gase entweichen. Jetzt versucht der Lama dem Toten ein Scheitelhaar auszureißen; gelingt dies leicht, so wird dies als Beweis angesehen, daß der wLa den Körper durch den Kopf verlassen hat. Es ist dies ein gutes Zeichen, der Tote wird wahrscheinlich in einem späteren Leben Lama werden, und wenn er schon ein Lama war, so wird er in die Götterwelt kommen. Verläßt der wLa den Körper durch Mund und Ohr, so wird er wieder ein Mensch. Sieht der Lama, daß er sonstwo hinausging, so sagt man, er werde als Tier wiedergeboren werden. Solange der Tote im Hause aufgebahrt bleibt, brennt vor ihm eine Butterlampe und werden ihm Speisen vorgesetzt. Die Verwandten errichten hohe Masten mit Gebetsflaggen vor dem Hause. Jede neue Handlung mit dem Toten muß durch drei Schüsse eingeleitet werden. Der Wahrsager bestimmt, wann der Tote in den Sarg, eine ganz aus Holz und nur mit hölzernen Nägeln verschlossene Kiste, gesetzt wird. Es darf kein Eisen oder Stein dazu verwendet werden, da dies Materialien sind, aus denen auch Mordwaffen verfertigt werden können. In der Kiste sitzt der Tote auf seinen Kleidern und ist nur in das weiße Tuch eingebunden. Die bösen Einflüsse und die Gui, die ihm den Tod gebracht haben, sollen oft noch in seinen Kleidern stecken, darum will sie niemand haben. Der Zwischenraum zwischen Leiche und Holzwand wird mit feinstem, trockenem Ton und Zedernzweigchen ausgefüllt. Der Sarg wird entweder in den Fluß geworfen, wenn es der Wahrsager für gut findet, oder aber er wird verbrannt oder bestattet. Oft hat der Tote schon bei Lebzeiten einen diesbezüglichen Wunsch ausgesprochen. Zu der vom Wahrsager festgesetzten Zeit wird der Sarg vom ganzen Dorf hinausgetragen. Kaum steht der Sarg vor dem Hause, so wird geschossen, um die Lha ndri, die seinen Tod verursachten, zu vertreiben. Der Lama wirft überdies unter Flüchen in alle Ecken des Hauses weiße Quarzkiesel, um die Lha ndri aufzuscheuchen. Diese werden gleich darauf mit dem Besen ausgefegt. Im Trauerzug, dem die Frauen nicht folgen dürfen, entlocken die Mönche ihren klafterlangen Posaunen tiefe Baßtöne, alle Verwandten wehklagen, einige Musiker trommeln. Wird der Tote verbrannt, so wird der Sarg in die Mitte des etwa 2 m hohen Scheiterhaufens gestellt, und in das Feuer werden immerwährend Butterstücke, Getreidekörner, Weihrauch und Wacholderzweige geworfen, um den schlechten Geruch des verbrennenden Fleisches zu bekämpfen. Wird der Tote beerdigt, so wird der Sarg an die Familiengrabstätte getragen, die sich in einer Ecke des Ackers befindet, und in einem 11/2 m tiefen und quadratischen Grab aufgestellt. Dieses Grab ist entweder mit dicken Holzplanken verschalt oder vollkommen ausgemauert, so daß möglichst wenig Feuchtigkeit hineindringt. Der Zwischenraum zwischen Kiste und Grabwand wird mit Tannenreis gefüllt. Nach oben wird diese Grabkammer etwa in der Höhe des äußeren Bodens durch dicke Bohlen , Reisig, Lehm und Rinde verschlossen. Darüber wird noch in Gegenwart der Anverwandten, die betend um das Grab sitzen, und der Lama, die ihre Gebetbücher herunterlesen, ein quadratisches Gemäuer erbaut, das wiederum durch Balken abgeschlossen ist und auf das eine hohe Steinkuppel in der Art eines Scheingewölbes aufgesetzt ist. Das Ganze wird außen mit Lehm glatt gestrichen und erhält von oben her noch einen Kübel Kalkmilch übergeschüttet. Die Gräber (ts`apak, kin. ; s. Abb. 10 u. 11) haben Ähnlichkeit mit Tschorten. Es fehlt ihnen aber der halsähnliche Aufsatz. Die meisten Ts`apak ragen 1,5 m über den Boden, die von Reichen werden bis zu 3 m hoch gemacht; die armer Leute sind ganz aus Lehm, ohne Steine und ohne Holz. Alle diejenigen, die mit dem Toten und dem Sarge in Berührung kamen, reinigen sich nach der Bestattung, indem sie ihre Hände und Füße in den Rauch eines Wacholderfeuers strecken oder auch durch das Feuer springen. Am Abend nach der Bestattung ziehen alle Bekannten auf die nächsten Berge und singen noch einmal zahllose : „Om mani padme hung !" oder wenn es Bönbo-Anhänger sind: „Aya ame hung adgar sala omda!"

237