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0305 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 305 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Ko tou. Gleichzeitig wird die auf Papier geschriebene Zahl der Gebete, die von Bekannten und Verwandten gebetet und mit dem Rosenkranz gezählt worden ist, verbrannt und ihm so bekannt gegeben. Dies scheint mir aber bereits eine neuere Vermischung mit dem chinesischen Ahnenkult zu sein. Bei der ersten Wiederkehr des väterlichen Todestages ladet man alle seine Freunde ein und stellt die alten Bronzekannen der Familie, die alten Waffen, alle Pflugscharen und alten Kleider auf, dazu viele alte Speckseiten , geräucherten Schweinespeck , der oft fünfzig und mehr Jahre alt ist. Ähnlich wie im Inneren Tibets, wo Butter jahrzehntelang aufbewahrt wird, haben diese Speckseiten das Ansehen der Familien, ihr Alter und ihre Wohlhabenheit zu verkünden; nur eine reiche Familie kann sich natürlich so etwas leisten und hat Speckseiten, die nicht aufgegessen werden.

Ich blieb mehrere Tage in und um Hsin gai tse. In der ersten Nacht hatten

sich die beiden Dawo-Tibeter „auf französisch" empfohlen; es waren zu wilde

Gesellen, als daß ich hierüber hätte betrübt sein können. Ich wäre sogar höchst

ungern mit ihnen in einsame Steppen gezogen. Sie hatten etwas Lauerndes

in ihren Augen, womit ich mich nicht befreunden konnte. Ich war ihnen aber

sicher ebenso unheimlich. Dardyi hatte sich über meine Instrumente und meine

Notizen nie beruhigen können. Als Ersatz der Dawo-Leute behielt ich einige

Aushilfskuli, die sich mir unterwegs angeschlossen hatten, Klein-Kin tschuan-

Leute, mit denen ich mich nur mit Brdyals Hilfe verständigen konnte. Waren

aber Dardyi und Skewliu schon wenig gute Pferdepfleger gewesen, so verstanden

es die Ersatzleute erst recht schlecht, mit Tieren umzugehen, was sich nur zu

bald auf den Rücken der Pferde bemerkbar machte. Dazu waren sie unsäglich

feige und legten schon in Hsin gai tse die allergrößte Furcht vor Somo und den

anderen Stämmen im Norden Kin tschuans an den Tag. Chinesische Lastkuli

boten sich mir in der Stadt in großer Zahl an. Sie besorgen die Transporte

nach Kwan hsien, das man bequem in zehn Tagen erreichen kann.

Der weitere Weg flußaufwärts war sehr gut. Anfänglich ging es auf der

Mandarinenstraße, die von Mu gung ting nach Kwan hsien und nach der Provinz-

hauptstadt führt (Tafel LIV). 6 km östlich von Hsin gai tse gabelt sich

das Tal. Ich folgte, um mein nächstes Ziel, die chinesische Grenzstadt

Li fan fu, zu erreichen, dem von Norden einmündenden Haupttal, das den

Oberlauf des kleinen Goldflusses bildet, während die Kwan hsien-Straße geradeaus

nach Osten zieht. Zwei kleine Auslegerbrücken sind an dieser Stelle zu über-

schreiten, die aber hier nun so fest fundiert waren, daß die ganze Karawane

geschlossen darüber gehen konnte. Nachher ging es bald über schmale Fels-

terrassen, auf Galeriebrücken, auf steilen Steintreppen auf und ab, aber immer

auf Wegen, die genügend Raum boten und 11/2, j a oft 2 m Breite an den engsten

Stellen hatten, so daß kein Tier mehr abstürzen konnte und ich den ganzen

Weg im Sattel zurücklegte. Mehrfach hatte die Straße sogar eine Art Geländer

bekommen, das freilich weniger zum Sichfesthalten als zum Ansehen da war.

Wie im unteren Teil des Kin tschuan und unfern von Romi Tschanggu

traf ich auch hier recht häufig auf die Ruinen vier-, sechs-, acht- und zwölfeckiger

schlanker Steintürme, den Resten der alten Befestigungen aus der chinesischen

Eroberungszeit. Manche dieser Türme sind so schlank und hoch, daß sie mich an

unsere Fabrikschornsteine erinnerten (Tafel LV). Die Chinesen nennen sie Tiao

oder Tschiao, die Eingeborenen von Rardan haben dafür den Namen „deio" oder

„deiyo". Wie aus den amtlichen Berichten über die Feldzüge gegen Kin tschuan

hervorgeht, hatten die chinesischen Soldaten sie vorher nicht gekannt. Die

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