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0306 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 306 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Tschiao sind aus Feldsteinen mit Lehm als Bindemittel erbaut und verjüngen sich alle ganz allmählich gegen die Spitze zu. Oben sind manchmal noch Zinnen zu erkennen, doch sind die meisten, die die Kriegszeit heil überdauert haben, nachträglich zerfallen und nur ganz ausnahmsweise läßt sich der eine oder andere noch heute vermittels hölzerner Leitern besteigen. Die Kin tschuan-Bewohner müssen ein erstaunliches Geschick besessen haben, solche Türme rasch, ja wie aus den militärischen Berichten jener Zeit hervorgeht -- manchmal mitten im feindlichen Feuer zu errichten. Oben hatten alle eine kleine Plattform, auf der eine Handvoll Scharfschützen Platz hatte, die den Angreifern stets großen Schaden zuzufügen wußten. Manche Berghänge sind noch heute wie gespickt mit den Resten solcher Tschiao. Um das Land zu unterwerfen, sahen sich die Chinesen, wie erwähnt, lange Zeit gezwungen, Turm um Turm zu erobern, was sie eine ungeheure Zahl Soldaten kostete. Wenn die Verteidiger ihre Sache verloren sahen, legten sie oft noch im letzten Augenblick eine Mine in den Turm, die aufgelassen wurde, sobald die Eroberer in größerer Zahl den Turm betraten. Welch gewaltigen Respekt diese Tschiao den chinesischen Generalen einflößten, erhellt am besten daraus, daß späterhin der Bezirk der Yao-Ureinwohner in der Provinz Hu nan, der bis heutigen Tags noch nicht völlig überwunden ist, und auch andere Miao tse-Länder von der chinesischen Regierung mit einem Ring von solchen Türmen eingeschlossen wurden, um damit die Yao von feindlichen Einfällen in chinesisches Gebiet abzuhalten').

Die vergeblichen und erbitterten Freiheitskämpfe sind bei den Man tse noch heute in bestem Gedächtnis. Es war ihnen jedes Mittel recht, wenn sie nur die verhaßten Chinesen schädigen konnten. Bei Tschao be schan, einem Ort auf der linken Seite des großen Goldflusses zwischen Tsung boa und Hsü tsching, griffen zwanzig Hsü tsching-Leaste, darunter Angehörige der Familie meines Brdyal, in stockfinsterer Nacht eine chinesische Truppenabteilung von 1500 Mann an. Nach den ersten Schüssen trieben die Man tse gegen die Chinesen eine Menge Schafe, an deren Ohren sie brennende Lunten gebunden hatten. Die Chinesen, über die Zahl ihrer Gegner getäuscht, flohen kopflos und wurden in der Dunkelheit von ihren eigenen Leuten in die Abgründe gestürzt.

Das Kin tschuan-Volk ist noch heute sehr kampflustigen Sinns und läßt

sich auch von seinem Fürsten. und Darro nicht alles bieten, wie man gemeinhin anzunehmen geneigt sein könnte. 1904 ersäuften die Bewohner von Bati zwei ihrer Darro, als diese die goldführenden Stellen im Lande an Chinesen vergeben wollten. Sie befürchteten, daß die Lebensführung dadurch verteuert würde, und die Sprecher (Bönbo) begründeten ihre Ansicht mit der weiteren Behauptung, daß sicherlich die Erd- und Berggeister schlechte Ernten senden würden, wenn die Erde durchwühlt würde. Nach diesem Streit stellte das Bati-Volk eine Prinzessin als Königin auf und als die Tu se-Familie von

1) In den Vororten von Dankar ting in Kan su trifft man auch oft auf sogenannte Tiao (dort auch Diao ausgesprochen), Türme, in die sich die Einwohner bei politischen Umwälzungen zurückziehen. Viele derselben sind sicherlich älter als die Kin tschuan-Kriege. Sie sind alle aus Löß mit nur wenigen Feldsteinen und auch wesentlich niedriger. Die Bemerkung im Scheng wu dyi, daß die chinesische Kriegskunst erst durch die Kin tschuan-Kriege die Tschiao kennen gelernt, und sie von da an mit Erfolg gegen

Miao tse und auch im Krieg gegen die Sektierer angewandt habe, kann sich nur auf hohe, schlanke Steintürme beziehen.

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