National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.2 |
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mein Pferd. An vier Stellen trifft es mich und Blut rinnt mir von der Stirne und blendet mich. Bis instinktiv das Routenbuch weggesteckt, die Zügel und die Waffe ergriffen sind, ist mein Pferd mit einigen gewaltigen Sätzen der Kara- wane aufgeeilt, die im dichtesten Busch von einigen Dutzend Mann umzingelt steht. Schwertblätter und Lanzenspitzen funkeln in der Sonne, ein ohren- betäubendes Geschrei übertönt selbst das Brausen des Wildwassers nebenan. Hunde heulen. Schüsse krachen. Vor und hinter mir sehe ich mit einem Schlage Gabelflinten sich nach mir richten. Alles geht und kommt wie im Kaleidoskop so schnell. Die Maultiere sind schon verloren, sind herumgerissen worden und werden eben über eine Brücke getrieben. Ganz vorne sehe ich noch die beiden Jünglinge aus Somo auf dem Boden knien und kotauen. In einem Augenwinkel glaube ich Brdyal zu erkennen. Er hat sich auf ein Pferd geschwungen, hat ein Gewehr zur Hand und erwidert — wie er nachher berichtete — einige Schüsse. Ich selbst will nicht sogleich schießen und rufe, so gut ich kann, den mir am nächsten Stehenden an: „Ich komme als Freund vom Pan da lama, eurem Herrn. Wer ist der Bon? Was wollt ihr? Was soll dies?" Als Antwort zuckt nur eine Schwertklinge gegen mich, die ich mit der Pistole pariere. Jetzt trifft mich noch ein mächtiger Schlag in den Rücken. Mein Pferd wird von hinten her gestochen. Brdyal reitet los und ruft mir noch ein : „Fort, Herr, ins Kloster, ehe wir einen erschossen haben" zu. Drei Sätze — wir sind beide aus dem Wirbel der Angreifer. Noch 20 m weiter und wir sind aus dem Gehölz draußen und stehen inmitten einer lieblichen und freundlichen Dorfsiedlung, sehen viele Dutzend Häuser, die zweistockig und mit Schindeldächern bedeckt wie ein Weiler in unserem Schwarzwald in weiten Abständen voneinander liegen. Der Ort streckte sich über die ganze Nordseite des Tales hin. Jeder Hof lag auf seinem zu ihm gehörigen Feld. Einmal außerhalb des Gehölzes hielten wir sofort die Pferde an. Unsere An- greifer verfolgten uns nicht weit. Sie begnügten sich mit dem Raube. Sie führten die Maultiere in ein Haus auf der anderen Seite des Baches, meine zwei Diener, immer mitten in der Schar, reden eifrigst auf sie ein. Alles spielt sich noch so nahe von mir ab, daß ich leicht jeden einzelnen meiner Angreifer aufs Korn nehmen könnte. Aber warum durch Blutvergießen die Rache und Verfolgung des ganzen Stammes auf mich ziehen? Meine Pistole war überdies durch das Parieren eines Schwerthiebs zerhauen, meine Schwertklinge abgesprungen. Wir suchten das Kloster von Merge, in dem der Be hu residieren sollte. Aber die Siedlung wollte kein Ende nehmen. Stundenlang zieht sie sich hin. Wir ritten im Schritt. Bald merkten wir, daß nur der unterste Teil des Tales gegen uns alarmiert und aufgeboten war. Höher oben wurden wir gegrüßt. Nachdem wir an gegen 300 Höfen vorbeigeritten waren, kam das Kloster in Sicht. Vier Akka hockten träumerisch vor dem Tor und spielten mit ihren Rosen- kränzen. Frauen gingen um ein Gebetmühlenhaus und setzten die schmierigen Lederwalzen in Schwung. Es war ein Gelugba-Kloster und machte einen recht ärmlichen Eindruck, der gar nicht zu der Größe und der offensichtlichen Wohl- habenheit des Ortes paßte. Wir fingen eine harmlose Unterhaltung mit den Mönchen vor dem Tore an und erfuhren schon jetzt, daß der Vorsteher nach Labrang gomba und Gum bum gereist sei und vor einem Monat nicht zurückerwartet werde. Bis Labrang gomba rechneten sie hier fünfzehn bis sechzehn Reittage. Nachdem Brdyal 261 | |||
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