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0341 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 341 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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der hier ein Opfer angezündet hatte. Wir sahen ihn noch in der Ferne auf einem ungesattelten Pony davonjagen; zwei einsamen Reitern glaubte er nicht trauen zu können. Brdyal warf sich an seiner Statt vor dem Altar nieder, legte neue Thujazweige dazu und bat durch lautes „i hóloo-o ! i hóloo-o !" um die Gunst der Ortsgeister. Ehe wir in das Waldtal hinunterstiegen, ließen wir die Pferde eine Stunde lang unter dem Sattel grasen, hielten aber so lange scharfen Ausguck, ob nicht Verfolger von Merge nachkämen.

Um sieben Uhr abends näherten wir uns einer Rodung in dem großen Wald. Ein fußlanger dreikantiger Zauberdolch (purbu), der in der Mitte des Weges steckte, die Form einiger großen Ts`ats`a-Häuser und ein fremdartiger Trommeltakt sagten uns, daß wir in eine Bönbo-Gemeinde geraten waren. Es war Karlong (3150 m). Wenig mehr als hundert Familien stark, hat es nur Bauern, die wenig Vieh besitzen. Wie in andern Bönbo-Gemeinden sah ich auch hier Fadensterne von 1/2 m Durchmesser an Bäumen und an den Holzspeeren der Lab rtse hängen, die zur Besänftigung der Himmel- und Erdgeister dienen. Über die Enden dünner Holzkreuze waren Garne von grüner, roter, weißer und blauer Farbe gespannt , die in Quadraten , Dreiecken und Sechsecken sich überschnitten und die ein Bönbo-Priester unter ständigen Anrufungen und Gebeten und unter Anhauchen und Anblasen nach den strengen Vorschriften alter Zauberbücher und in ganz bestimmter Ordnung zusammengeknüpft hatte 1).

Hier dachten wir zu nächtigen, als nach dem fast zwölfstündigen Ritt unsere Pferde ausließen. Allein eine Frau, die uns bei sich aufnahm, erzählte, daß der Weg zwischen Karlong und Sung pan ting nur von großen Karawanen ungefährdet bereist werde, daß es Wahnwitz sei, nur zwei Mann hoch am hellichten Tage diesen Weg zu wagen. Auch Li in Merge hatte uns schon gewarnt, und gerade wegen der Strecke hinter Karlong hatte man in Ma tang so sehr wenig Lust gezeigt, mich zu begleiten. Ich entschloß mich rasch, noch in derselben Nacht weiterzueilen.

Im steilen Zickzack geht es kurz hinter Karlong auf einen Berg hinauf; in der Dunkelheit mußten wir dort aufwärts tappen. Bei 3600 m etwa hatten wir den Wald hinter uns gebracht und bei 3800 m befanden wir uns auf einer breitgetretenen Straße, die von da an in ungefähr gleicher Höhe am Hang hinführt. Vor Mitternacht schon war die Kraft meines Schimmels zu Ende. Er weigerte sich, noch ein Bein vorzusetzen und zwang uns, mitten auf der Straße eine Viertelstunde liegen zu bleiben. Von da ab marschierten wir wie die Schneckenpost. Brdyal zog die Tiere am Zügel und ich trieb von hinten mit der Peitsche. Sie wären sonst alle paar Schritte stehen geblieben. Auch so kamen wir höchstens

           
       
       
       
       
           
           
           
       
       
           
           
           
           
           
           
           
           

1) Waddell, „The Buddhism of Tibet", London 1899 , S. 485 hat ähnliche Fadensternfiguren, wie sie übrigens auch zur VerschlieBung aller Bönbo-Amulettsprüche angewendet werden, abgebildet. W. beschreibt seine Fadensternfiguren als „emblems to bar the earth- and sky-demons". Originale davon befinden sich in der ostasiatischen Abteilung des Berliner Völkermuseums. Auch sie gehören zum Bönbo-Kult. Die Verbindung dieser Fadensterne — wie sie Waddell darstellt — mit einem Widderkopf zur Beschwörung der Mutter aller Erdgeister (d. h. zur Beschwörung von allem =_ „Yin" [chin.]) und die Verbindung mit einem Hundekopf zur Beschwörung des Vaters der Himmelsgeister (d. h. zur Beschwörung von allem = „Yang" [chin.] s. Bd. I, S. 21, Anm.) und das Bild auf dem Einband ist mir aber in Osttibet nicht begegnet und ist jedenfalls in Kin tschuan unbekannt.

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