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0352 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 352 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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chinas. Es hat ungemein staubige, breite Straßen zwischen niederen Lehm-und Ziegelhäusern. Sung pan ting steht in seiner Bauart gerade in der Mitte. Das Tal des Min kiang , der mit gewaltigen Wogen von Nord nach Süden strömt, ist dort fast ein halbes Kilometer breit und der Fluß macht eine große Schleife von der linken zur rechten Talseite (Tafel LXI ). Man findet darin ähnlich wie in Fu pien Spuren von verunreinigtem Löß, und zwar auch hier wieder auf der westlichen Talseite, d. h. derjenigen, die gegen die winterlichen Weststürme geschützt ist 1). Die Straße, die aus dem Unterland von Se tschuan heraufführt und von Kwan hsien an auf der linken Talseite geblieben ist, quert hier den Min. Holzflöße, aber noch keine Schiffe können den stattlichen Fluß befahren. Eine große gedeckte Holzbrücke mit Butiken darauf wie ein Ponte Rialto verbindet die beiden Ufer, und um sie herum ist die festummauerte Stadt angèlegt. Die Umwallung besteht wie üblich aus einer dicken Ziegelmauer mit Erdfüllung. Sie zieht sich auf der Westseite noch an dem Steil-abfalle eines kleinen Vorberges hinauf und endigt dort hoch oben in einem Tempel, so daß ganz gewaltige Heeresmassen dazu gehören, die Stadt gegen

einen einigermaßen schneidigen Gegner zu

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Abb. 13.

Ablagerungsweise des Lößstaubes in den Randtälern von Osttibet während der Winterstürme; L = LöB ; --> = Windrichtung.

verteidigen. Sung pan ting hat wenig mehr als 1500 ansässige Familien. Ihr Schutzmantel ist darum viel zu weit. Da in der Umgebung wenige chinesische Bauern ansässig sind, hat die Stadt im Kriegsfall nur wenigen Flüchtlingen ein Obdach zu gewähren. Damit hing es auch zusammen, daß die Stadt in den 1860er Jahren, als die Tai ping-Rebellion die Regierung schwächte und Mohammedaner wie Tibeter darum die Stunde der Befreiung

gekommen wähnten, den anstürmenden Tibetern keinen Widerstand entgegensetzen konnte und rasch fiel. Drei Jahre lang wurde sie wie auch das ganze Gebiet hinauf bis Nan ping und hinab bis Lung ngan fu und bis Mao tschou von den eingeborenen Adligen beherrscht und die Chinesen wurden so sehr bedrückt, daß sie den Jahrestag der Befreiung — er fiel zufällig in die Zeit meines Aufenthalts — noch heute durch ein Fest feiern. Auch die Mohammedaner beteiligen sich an den Freuden dieses Tages, denn auch sie hatten unter den Tibetern schwer zu leiden gehabt. Die Tibeter hatten das alte Reich des Nessedin (Nasding) rgyalbo wieder aufrichten wollen. Die Erinnerung an diesen Tibeterkönig ist hier noch sehr lebhaft.

Das Verhältnis zwischen Chinesen und Mohammedanern, die etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung ausmachen, ist hier ein relativ sehr gutes, und daher rührt es, daß zwei mohammedanische Bethäuser innerhalb der Umwallung liegen und daß eine große Moschee nicht weit von der Stadt über dem linken Min ho-Ufer aus alter Zeit sich erhalten hat. Von sonstigen auffallenden Gebäuden ist nur der alte Tschen tai-Ya men in der Nordstadt und das Regierungsgebäude des Ting auf einer Felsterrasse im Westen zu nennen. Einige lamaistische (Saskya-, Nima-)Klöster befinden sich an der Peripherie der Stadt. Die Wohnhäuser

1) Als ob die Westwinde des Winters im Windschutz der Berge und in den ausklingenden Luftwirbeln, in der Rückströmung nach dem Anprall an der gegenüberliegenden Talwand, sich ihrer Staubmassen entledigt hätten (s. Abb. 13).

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