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0357 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 357 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Mons. Dury war aus Mao tschou heraufgekommen, um für diese Verfolgungen

eine Entschädigung zu fordern; der Bischof von Tscheng tu fu hatte von der

Provinzialbehörde die Zusicherung erhalten, daß die Anstifter bestraft würden.

Eine an sich geringfügige Ursache hatte auch bei dieser Christenverfolgung den

ersten Anstoß gegeben. Der Ya men des Ting hatte eine Kwan ping, eine amt-

liche Wage, für Medizinwurzeln eingeführt. Jeder, der Drogen verkaufte, sollte

diese Wage benutzen und hierfür ähnlich wie bei der Silberwage eine kleine

Abgabe entrichten. Die Wagegerechtsame war vom Ya men ausgeboten worden

und ein alter Katholik hatte sie für 100 Tael erworben. Seine Konkurrenten um

diese Pfründe taten sich aber zusammen und benutzten die allgemeine Mißstim-

mung der Drogenhändler, die über die Neueinführung entstanden war, um

zuerst gegen den Inhaber und sodann gegen dessen Religion und Glaubens-

brüder Stimmung zu machen. Mons. Dury war zwar gar nicht damit einver-

standen gewesen, daß sein Beichtkind die Kwan ping kaufe und ein „Zöllner und

Sünder" werde, es war aber schon geschehen, als er davon erfuhr.

Der Haß wuchs. Die Ya men-Leute, über die ungeahnte Wirkung ihrer

neuen Institution erschrocken, erzählten, der Katholik habe sie zu der Ein-

führung überredet und steigerten damit noch die Wut der Bevölkerung. Das

Ende war, daß nächtlicherweile neun katholische Christen mit noch dreiund-

zwanzig Nichtkatholiken totgeschlagen wurden. Die Bevölkerung von Sung

pan ting war jedoch damit noch nicht zufrieden. Um sie zu besänftigen, erließen

Ting und Tschen tai (General) eine Proklamation, das Volk solle sich beruhigen,

ein Christ dürfe überhaupt kein Amt mehr bekommen. Und als die Drogen-

händler und zahlreichen Wurzelgräber, die abwärts im Min-Tal zu Hause sind,

drohten, gegen die Stadt zu rücken, versprach ihnen der General, sämtliche

Katholiken mit gebundenen Händen auszuliefern. So weit freilich kam es nicht.

Die französischen Missionare erfuhren von der Sache und legten in Tscheng tu fu

Protest ein. Die Kwan ping wurde nicht neu vergeben und die Bevölkerung

beruhigte sich damit allmählich, und derYa men erklärte sich schließlich bereit,

2000 Tael für die getöteten Christen zu bezahlen.

Intrigen und Hindernisse von seiten des Ting füllten die Zeit vom 6. bis

zum 23. August. Dann verließ ein kleines Häufchen Reiter auf frischen Pferden

und neu ausstaffiert das Nordtor von Sung pan, folgte dem Min-Fluß aufwärts

auf einer sehr bequemen Maultierstraße und erreichte nach sechsstündigem Ritte

den Ort Tschang la. Dieser liegt an einer Erweiterung des Tales, in einem alten

Seebecken, das Einbrüchen, Verwerfungen im Gebirgsbau, seine Entstehung

verdankt — das ganze obere Min ho-Tal und das Massiv des Schar Dong re

(chin. : hsüa bau ding [Schneegipfel]) steht im Zusammenhang mit meist meri-

dional laufenden Verwerfungen. Tschang la liegt in dieser Talerweiterung

auf Lößresten, die auf Geröllen und Tonen aufsitzen, in 3100 m Höhe. Eine

ummauerte Stadt mit vierhundert Familien Chinesen, erhebt es sich auf dem

linken Ufer des Flusses als der Sitz eines Platzmaj ors. Die Befestigungen wurden

1541 angelegt und 1729 erneuert. Ich möchte es Dankar vergleichen, das der Stadt

Hsi Hing vorgeschoben ist; und Li tang und Ba tang sollten wohl für Ya tschou fu

und Ta tsien lu ähnliche Stellungen werden. Rings um Tschang la sind nur

Tibeter ansässig, die bis weit in die Ming-Zeit hinein frei geblieben waren und

um Tschang la blutige Kämpfe führten. Sie sind Bauern und vielfach Bewohner

schöner Einzelanwesen. Angebaut wird, wie schon bei Sung pan ting, in erster

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