National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0361 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 361 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000264
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

Ngaba Metsâng hatte Sung pan ting-er Kaufleute ausgeplündert und auf deren Klage beim Ting seinen Raub nicht herausgegeben. Er fühlte sich inmitten seiner Gerstenfelder und Steinhäuser so sicher, daß er sich von nun an „Kaiser" (gong ma) nennen ließ. Der Sung pan-Ya men warb deshalb im. Einverständnis mit der Zentralregierung Mannschaften an und schickte 800 Mann unter dem Befehl von drei Majoren ins Ts`ao ti hinauf. Die Bewaffnung der Truppen scheint sehr gut gewesen zu sein und bestand aus neu erworbenen Mauser- und Hotchkiß- Gewehren ; kein Mann aber hatte eine Ahnung von der Handhabung der Gewehre. 11/an hielt es nicht für nötig, die Truppen zu drillen, noch viel weniger dachten die Offiziere daran, ihre zusammengewürfelten Leute, von denen die wenigsten vorher ein Gewehr in den Händen gehabt hatten, einige Schüsse nach einer Scheibe abgeben zu lassen. Ein paar Tschang la-Leute hatten insgeheim mit ihren neuen Waffen nach Steinen geschossen und bekamen dafür je 50 Schläge an den Platz appliziert, den man für gewöhnlich mit Hosen zu bedecken pflegt. Wieder wollte man zunächst rein asiatisch-chinesisch vorgehen und nur bluffen. Trotz der schlechten Wege ließen sich die Herren Majore von ihren Untergebenen in Sänften ins Feld tragen. Alles ging auch nach Wunsch, bis man auf 50 Li vor Ngaba stand und dort ein befestigtes Lager geschlagen hatte.

Die Offiziere dachten, von ihrem Lager aus mit Ngaba zu unterhandeln, und als der Ngaba-Häuptling dazu nicht erschien, wurden 500 Reiter vorgeschickt, um ihn zu laden. Darauf hatten die Fan tse aber nur gewartet. Sie rückten, angeblich 1700 bis 2000 Mann stark, ins Feld. Ihre Reiter steckten in Kettenhemden und dicken seidewattierten Jacken, die gegen gewöhnliche Flintenkugeln einen ganz guten Schutz abgaben. Die chinesischen Reiter, die den Häuptling holen sollten und denen zur Aufmunterung gesagt worden war, ihre neuen Gewehre trügen 10 und 20 Li weit, begannen aus 3 Li Entfernung das Feuer, ohne natürlich auch nur einen einzigen Gegner zu verwunden, denn niemand hatte ihnen auch nur ein Wort über Visierstellen u. dgl. erzählt. Die 30 Patronen, die jeder bei sich trug, waren rasch verschossen, und als man nur noch abgeschossene Gewehre in Händen hatte, da brausten die Panzerreiter daher. Eine große Zahl Chinesen, darunter ein Offizier, wurde gefangen, ein Hauptmann und 21 Mann erschlagen. Die Chinesen flohen in Auflösung nach China zurück, ohne aber von den Fan tse behelligt zu werden. Auch wurden die Gefangenen nach vier Tagen heimgeschickt. Im darauffolgenden Jahre (1903) wurden 1500 Chinesen aufgeboten. Man marschierte jedoch diesmal über Merge und nicht über den Gari la. Unweit vom Kloster Merge sah ich noch die Reste der befestigten Standlager. Der Tschümzad von Merge gomba legte sich auf die Bitten der Offiziere ins Mittel und brachte nach einigen Monaten einen Frieden zustande. Der Häuptling von Ngaba Metsâng zahlte für jeden toten Chinesen 200 Tael und 300 für den Hauptmann. Der geraubte Tee verblieb ihm jedoch, denn er war schon getrunken. Dieser Erfolg war möglich, weil die Tibeter untereinander nicht einig waren. Ngaba Metsâng hatte sich mittlerweile mit Ngaba Tsenda verfeindet und mußte gewärtig sein, daß ihm das letztere in den Rücken falle, da es chinesisches Geld „gegessen" hatte.

Unser Kampf mit den Sümpfen des Re tschü war überaus ermüdend. Der Regen hielt an und machte die Kartenaufnahme zeitweise fast illusorisch. Auch jedes kleine Seitental war von einem Morast erfüllt. Die zwei Eklaireurs, die für die nachkommenden Reiter und Lastpferde das beste Durchkommen erkunden sollten, lagen alle Augenblicke in einem Schlammloch. Oft sank auf lange Strecken Roß und Reiter bei jedem Schritt knietief in den Sumpf. Der Tsung ye aber trieb ohne Unterlaß vorwärts. Ich hatte noch nie einen so eiligen und nervösen Menschen gesehen. Kein Tagesmarsch war ihm lange genug und bei jeder Teerast brachte er mir sein Gewehr und fragte, ob es noch in Ordnung sei — allerdings mit Recht, denn der Arme konnte am wenigsten reiten, war noch nie zuvor bei nassem Wetter draußen gewesen und lag deshalb am häufigsten in einer Kotlache und brachte Sand und Schlamm in seinen Gewehrlauf, obwohl er, wie es alle tapferen chinesischen Soldaten damals hielten, einen dicken Stöpsel in der Mündung seines geladenen Gewehres stecken hatte.

285