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0371 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 371 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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zustande ; um diese Zeit hatte das Hoang ho-Wasser 10,6 O. Meine Begleiter saßen mit nacktem Oberkörper am Waka und genossen die herrliche Sonnen-

bestrahlung. Mit den Klosterleuten gab es gegen Abend etwas Verkehr. Mit

dem Abt (T`sche ba) tauschte ich einen Khádar und Geschenke. Man hatte ihm gesagt, ein höherer chinesischer Mandarin sei angekommen, und deshalb eilte

er persönlich zu uns, um uns Tschürra zu bringen. Er ließ sich aber nicht düpieren,

erkannte mich natürlich sofort und schnitt mir keine allzu freundliche Grimasse. Zum So tsong-Kloster gehören 150 Gelugba-Mönche, doch pflegen einzelne auch den laxeren weißen Kult (Saskya) mit seinen nur wenig verschiedenen An-

rufungen und Handgriffen. Es nennt zwei Huo fo ye sein eigen. Der ältere

war 50 Jahre alt und empfing uns mit freundlichem Lächeln auf den Lippen, als wir ihm Butter, ein Geschenk an Tee und etwas Geld brachten. Er wird gerühmt

für seinen Eifer im Rezitieren von Gebeten, machte aber auf mich einen kindi-

schen Eindruck. Er lebte wohl nur für Gebethersagen und Gebetelesen. Den Tsung ye beruhigte er über den Ausgang unserer Unternehmung, und jedem

von uns schenkte er ein farbiges Seidenbändchen, das er mit seinem heiligen, durch vieles Gebetelesen gekräftigten Odem anhauchte und das meine Begleiter sich darum sogleich um den Hals banden, um sich vor Krankheiten zu schützen. Sie nahmen das bunte Fetzchen kniend mit vorgestreckten Händen, wie ein Schutzflehender auf antiken Bildern dargestellt ist, in Empfang.

Wie alle die Klöster im Zwölf-Bu-Land, hat So tsong gomba keine Mauer, doch scheint dies kein Zeichen für den Klosterfrieden zu sein; die Klöster des Nordens haben überhaupt selten Mauern. Die Mönche klagten unverhohlen, daß sie sich keine Pferde halten könnten, weil sie ihnen stets gestohlen würden. Das Kloster liegt mitten in die kahle, freie Prärie hingegossen. Nur in unmittelbarer Nähe der Häuser und unter der Pflege der Mönche haben hier einige Bäume alt und hoch werden können.

Auf die starke Bestrahlung folgte in der Nacht eine ebenso starke Ausstrahlung der Wärme und die Temperatur ging auf 1/2° Kälte herunter. Da wir kein Zelt hatten, begannen wir frühzeitig mit dem Teekochen, um uns etwas zu erwärmen. Schon ehe der Tag graute, begann ein Kampf mit dem ungeduldigen Tsung ye, der seinem Ärger Luft machend ausrief : „Nun hast du einen ganzen Tag die ,Hoang ho wan' (die Wende des Hoang ho) gesehen. Du mußt jetzt rasch nach Tao tschou reiten." Zu gerne wäre ich der breiten Yakstraße gefolgt, die an dem Gelben Flusse abwärts führt. Es ist eine Straße, die vielfach die Ma tang-Händler begehen , um ihre Teekisten zu den „Mah`ah`kana" und den Banag, den Zelten des Kuku nor, zu bringen. Man gelangt von So tsong gomba nach drei Tagen an den Or tao Hoang ho, den „zwei Stück Gelber Fluß". Die Chinesen bezeichnen damit den Zusammenfluß des Ma tschiiHoang ho mit dem (tibet.) Me tschü, dem sogenannten unteren Fluß. Angeblich soll der Me tschü bei seiner Einmündung so groß wie der Hoang ho selbst aussehen, so daß man nicht unterscheiden könne, welcher von den beiden der tonangebende Strom sei 1). Ähnlich nahm sich bei So tsong gomba auch der Ga tschü aus. Von ferne betrachtet, war nicht ohne weiteres festzustellen, welcher von beiden der Hauptstrom war. Nur war der Ga tschü, wie schon sein Name

1) Tatsächlich hat der Me tschü aber immer nur einen kleinen Bruchteil der Wassermenge des großen Ma tschü.

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