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Meine Tibetreise : vol.2 |
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waren. Wie vor der Großen Mauer in Nord-Schah si schauen um Tao tschou
verfallene viereckige Lößtürme übers Land ; ein weitverzweigtes Fanalnetz
verband alle Posten. Selbst die einfachsten Chinesen von beute sind sich bewußt,
daß sie die Eindringlinge sind. Bauern erzählen, sie seien vorzeiten von drunten
aus der Provinz An hwei gekommen. Freilich vermag keiner mehr zu sagen,
wann man ihre Familien herverpflanzt hat; er würde es auch nicht sagen, selbst
wenn er es wüßte, weil sie Verbannte waren. In der alten Stadtchronik von
Tao tschou sollen die Gründe für den einstigen Vormarsch und späteren Rück-
zug der Chinesen vermerkt gewesen sein, aber das Bezirksbuch ist in einer der
vielen Mohammedanerrebellionen um die Mitte des 19. Jahrhunderts mitsamt
den Druckplatten in Flammen aufgegangen. In der Sui- und Tang-Zeit (589
bis 907) lag eine gleich große Stadt noch weiter aufwärts im Westen. 2 km weiter
im Osten befand sich eine zweite Stadtumwallung und in 7 km Entfernung,
unten am Tao ho, auf dem rechten Ufer desselben, war die Festung Yang ha
tsch`eng, früher Sche bu tsch`eng (Stadt mit der Steinschanze) genannt. Alle
drei sind heute verfallen. In der letztgenannten fand ich Kupferpfennige der
Tang-Zeit von Kaiser Hsüan (Yüan) Tsung (713-756) mit der Aufschrift Kai
Yüan (713-742). Einen achteckigen Steinmonolith sah ich dort innerhalb von
Mauerresten aus gestampftem Löß, die heute nur einen kleinen Bauernhof und
Kartoffeläcker umschließen. Die Inschrift des roten Sandsteines besagt, daß in
der Regierungszeit Tien bau (742-756) die Tibeter, die „Tu fan", die Stadt
eroberten und zerstörten, die Chinesen aber nach einer dreißigtägigen Belagerung,
am 25. Tage des VII. Monats im achten Jahre der Regierungsperiode Tien bau,
wieder in den Besitz derselben kamen. Der General Li scheng hatte die Stadt
innerhalb dreier Tage zu nehmen, widrigenfalls er geköpft worden wäre. Der
Bezirk unterstand in damaliger Zeit der Inspektion von Ho tschou in Lung yu,
einer der fünfzehn damaligen Provinzen des Reichs 1).
Hätten die Vorgesetzten des Oberkommandierenden im Täwo-Krieg die
kraftvolle Sprache gesprochen, mit der Li scheng angefaßt wurde, so wäre auch
dieser Krieg zu Ehre der chinesischen Waffen ausgetragen worden, aber die
Mandschu kannten damals nur noch halbe Maßregeln. So kam der Herr Oberst
L.
1) Sche bu tsch`eng, das auch in den von Europäern geschriebenen Geschichtswerken Chinas, z. B. bei De Mailla und bei Wieger, erwähnt wird, muß von Anfang an eine tibetische Zwingburg gewesen sein. Für eine chinesische Gründung ist die Lage wirtschaftlich zu ungünstig. Das rechte oder südliche Ufer des Tao ho ist dort sehr tief zerteilt und überdies zu einem großen Teil noch heute von Wald bedeckt. Der FluB erscheint wie von den roten Tonen, die bei der Stadt Tao tschou die Berge ausmachen, nach Süden, in das Permsandsteingebirge, abgerutscht und daran angedrückt. Nur spärliche Felder haben in seiner Umgebung Platz und keine Handelsstraße führt dort entlang. Mühsam windet sich der FluB zwischen Felsen und umspült 65 m breit und in engstem Bogen eine schmale, beinahe senkrecht aufsteigende Felsrippe, messerscharfe lotrechte Schieferplatten, an die sich die Feste anlehnte. Daneben wurde eine kleine ebene Fläche von einer Mauer eingeschlossen, die sich vom Fels zum Flusse spannte. Nur dieses kurze Mauerstück, ein LöBlehmwall, dessen Festigkeit durch eingeschobene Balkenröste verstärkt war, bot einen Angriffspunkt und konnte für den Verteidiger verhängnisvoll werden.
Die auf dem Monolith erwähnte Eroberung von Sche bu tscheeng im Jahre 749 fällt in die kurze Periode, in der es den Südtibetern von Lhasa aus gelungen war, die stets auseinander strebenden Häuptlinge zu vereinigen, als Srong btsan sgam bo (617-698) nicht bloß für die Tu ku hun (die alten Hor) vom Kuku nor, für Nepal und
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