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0389 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 389 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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anderen mohammedanischen Gehilfen aus der fürsorglichen Chinesenmacht und ritt, als Ani gekleidet, unbekümmert um alle Gefahren, mit ihrer tibetischen Bibel in der Hand quer durchs ngGolokh-Land auf Lhasa los, bis die Reisekumpanei zwölf Tage vor ihrem Ziel im Lande Nag tschü ka erkannt und aufgehalten wurde. Miß Annie Taylor hat zwar ihr Ziel, in Lhasa das Evangelium zu predigen, noch heute nicht erreicht. Sie wurde damals von den Tibetern etwas unsanft über Ta tsien lu abgeschoben und wartete nachher auf der indischen Seite auf die Eröffnung des verschlossenen Landes. Ist wohl auch den meisten von uns dieser stürmische Missionseifer unverständlich, jedem Kenner der Verhältnisse muß dieser Ritt einer Frau doch Hochachtung abringen. Nicht links noch rechts schauend, ritt die protestantische Ani über die unendlichen Steppen der fanatischen Lama.

Noch stundenweit über dem Grenzwall draußen standen in früheren Zeiten chinesische Niederlassungen. Oft freilich sind diese heute nur noch dem Namen nach erhalten. So traf ich z. B. auf dem Weitermarsche ein Diakar gomba, also ein „Kloster zur Chinesenstadt", wo sich heute weit und breit kein Chinese mehr anzusiedeln wagt und höchstens als kleiner Krämer umherzieht.

Die wasserscheidenden Berge zwischen dem oberen Tao ho-Tal und dem Ho tschou-Flusse sind nirgends von imponierender Höhe. Die Paßhöhen erreichen im Mittel 3000-3300 m. Erst wieder der Zug des Tai tse schan, den ich im Dezember 1905 zum ersten Male von Ho tschou aus zu Gesicht bekam, und seine südöstliche Fortsetzung, der Zug des Hoa schan, den der Tao ho auf seinem Wege hinter Min tschou von Süden nach Norden durchbricht, ist von stattlicher Höhe.

Die tibetische Wirtschaft ist auch in Amdo in eine seßhafte Feldwirtschaft und eine nomadisierende Viehwirtschaft geteilt, doch überwiegen die Ackerbauern. Während das Weideland der Nomaden Gemeingut des Stammes ist, haben die Ackerbauern, die Dörfler, ihre Felder wieder in Privatbesitz oder sind wenigstens „gonyog", Halbbauern, Pächter von Klostergütern. In den zahllosen Tälern und Tälchen sieht man Bewässerungsgräben. Wälder sind selten. Der Mensch hat sie vor langen Zeiten schon abgebrannt und auf die kleinen, heute noch erhaltenen Parzellen beschränkt, um Weideland zu gewinnen. Weite Strecken Amdos sind jedoch heute sehr schlecht ausgenutztes Weideland, weil auch hier Heubereitung unbekannt ist und die seßhaften Ackerbauern nur wenige Stück Vieh und nur die Gebrauchspferde ihr eigen nennen, die sie in der Nähe der Ansiedlungen auf die Weide treiben und hüten. Einige wenige und ärmliche Zeltgruppen sah ich auf den höheren Pässen und Bergen. Ihre Insassen nomadisierten mit Schafherden. Diese Hirten waren die Knechte von großen Herren und Klöstern und zogen in bestimmten Jahreszeiten an bestimmte Plätze. Sie haben Waffen und halten sich immer in solcher Kopfzahl zusammen, daß sie jederzeit kleineren Räuberbanden entgegentreten können. Zeitweise muß auch in Amdo die Agrikultur viel höher hinauf gereicht haben als heute, denn bis in Höhen von 3200 m stieß ich in manchen Tälern auf grasbestandene Felderterrassen, die noch so scharfe Profilierungen aufwiesen, daß sie innerhalb der letzten zwei bis drei Jahrhunderte erbaut sein mußten. Die Amdo-Tibeter sind große Schweinezüchter. Es wird auch hier die tibetische Schweinerasse wie in Hor und Dergi gezogen. Im Gegensatz zu dem großen, schwarzen, langohrigen Chinesenschwein ist die tibetische Rasse klein und vie'fach

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