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0402 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 402 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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mancher Prügel wurde gegen mich gerichtet, so daß ich mit einem lahmen Bein und schmerzender Schulter am dritten Tage heimhinkte und die weitere Erforschung aufgab.

Nicht alle Mönche freilich sind fremdenfeindlich. Ich habe auch hier Freunde finden können und wurde wiederholt zum „dia tung", zum Teetrinken, und zu „tsamba so" in die Priesterhöfchen eingeladen. Ich habe die Mönchszellen in den Klöstern gar zu gerne. In den stillen Innenhöfen, hinter den mit buntem chinesischem Papier säuberlich beklebten Holzgittern sitzt, schwatzt und träumt es sich gar zu hübsch mit einem Geslong oder Gechi zusammen, dem ein oder zwei Dschraba auf dem großen Herd den dicken Tee und die Gerstengrütze bereiten und in kupfernen Humpen kredenzen. Beim Mönch sTsondri rgyamts`o vom Tscho lha kang war ich sogar einen Abend und eine Nacht geblieben, weil ich mich so verspätet hatte, daß es mein Gastfreund nicht mehr ratsam für mich hielt , ins Dorf hinüber zu gehen. Eine Zelle von 2 X 3 m bildete sein Studier-, Lese-, EB- und Schlafzimmer. Es war bis zur Decke mit glatten Holztafeln bekleidet. Zwei Kissen und für die Winterkälte ein breites Kohlenbecken mit Svastika-Verzierungen daran und in den Holzboden am Fenster eingelassen, außerdem nur eine kleine Truhe für die Festtagskleider und die wenigen Habseligkeiten und einige Bündel Gebetbücher waren das Mobiliar und die Ausstattung. Ausgetretene Holzstufen führten von der Zelle in den großen Vorraum, der auf einer Seite die Kochlöcher des Herdes barg und wie die Zelle ringsum mit dunkelbraunen Holztafeln verschalt war. Auch hier war der Boden peinlich sauber. Jeder Eintretende betrat ihn nur barfuß und warf die plumpsigen Straßenstiefel in eine Ecke neben dem Eingang. Bei Nacht schliefen hier auf dem Boden drei stämmige zwanzigjährige Mönche, während mir der Lama in seiner Zelle ein einfaches Lager bereitet hatte.

Die klugen Labrang-Mönche hatten bei meinem Besuch noch immer nicht die Hoffnung schwinden lassen, der Dalai Lama werde aus Gum bum in ihr Kloster übersiedeln; sie waren eben im Begriff, für ihn neben dem Du kang einen viereckigen Palast zu errichten. Auch meine Wirte zweifelten nicht, daß damit das aufblühende Labrang erst recht einer großen Zukunft entgegengehe, während sie für den Fall, daß Tobden Dalai Lama es wagen würde, wieder nach Zentraltibet zu ziehen, die größten Befürchtungen für sein augenblickliches Leben, für den ganzen Kult und ihre buddhistische Glaubenslehre hegten. „Dort," versicherten sie, „geht seit der Abreise des ,Köstlichen` alles drunter und drüber" 1).

Jeden Abend gab es im „gai", der gestrengen Mönchspolizei zum Trotz, wahre Orgien im Essen und Trinken. Schnaps floß in Strömen. Es wurde gespielt, gelacht, ja getanzt, und weil die Lama nicht dulden, daß die Chinesen ihre

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1) Bekanntlich war Tobden Dalai Lama von Gum bum gomba 1908 nach]EPeking gereist, wurde dort von Kaiser Kuang sü empfangen und auch von einer großen Anzahl Europäer und europäischer Gesandten gesehen. Er ging dort darauf aus, für sich und seine Regierung möglichst weitgehende Selbstverwaltung zu bekommen, doch starben während dieser Besprechungen der Kaiser und die Kaiserin-Mutter, und die Minister verstanden es darauf, ihn unverrichteter Dinge, nur mit einem wohlklingenden Ehrennamen, nach Gum bum und nach einem kurzen Aufenthalt daselbst nach Lhasa zurückzubringen. Dort angekommen, sah er die Chinesen vollkommen als die Herren der Situation. Diese hatten einige tausend, nominell 3000 Mann in Lhasa und 2000 in Schigatse. Er geriet sogleich in Meinungsverschiedenheit mit dem Residenten. Tschao ör fong klagte ihn an, mit Rußland einen Geheimvertrag abgeschlossen zu haben.

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