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0413 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 413 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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pest ein Zentrum der Opiumkultur — am Nachmittag setzten wir im Fährboot auf das nördliche Wei ho-Ufer (1120 m über dem Meer) über. Dem Laufe des Wei-Flusses folgt nur ein schlechter Fußpfad, der dem geringen Ortsverkehr dient. Die Hauptstraße, ein Maultierweg, führt über Tsing schui hsien mit etwa 3000 Einwohnern'), und 15 Li östlich davon kam ich aus den lößbedeckten Tonbergen des Tsin tschou-Beckens heraus auf Granit und betrat ein wirres und einsames Waldgebirge, das mit dem Liu pan schan und dem Wallfahrtsberge Kung dung schan (40 Li südwestlich Ping hang fu) in Zusammenhang steht. Wir verirrten uns bald jämmerlich in den Schluchten, hatten ein nasses Biwak im Walde und kamen erst nach zwei Tagen wieder auf die große Maultierstraße und über den höchsten Punkt derselben, den Da kwan schan-Paß (2250 m). Von dieser Höhe sahen wir nach Süden über lange, gleich hohe Rücken bis zu den schon schneebedeckten Gipfeln des Tsin ling-Zuges, nach Osten aber bereits auf den tiefliegenden Löß des unteren Wei-Talbeckens. Wenige Stunden nur trennten mich von der Geschäftsstadt Lung tschou in noch 980 m Höhe, und bald bestaunt man von unten die Gebirgsmauer, die in fast meridionaler Richtung vom Tsin ling schan bis zum Lo schan, Niu tou schan und Alaschan zieht und die heutige Provinz Schen si von Kan su scheidet. Um eine Stufe weiter war ich zum Tiefland hinabgestiegen, um eine Landstaffel, von der unsere Karten noch nichts gebracht hatten. Unten in der Provinz Schen si stand ich wieder auf meiner alten Schen si-Ordos-Scholle. Auch hier bei Lung tschou haben die Chinesen seit alters Kohlengruben mit einer guten Kohle im Betrieb. Da aber die Wege zu schlecht sind, werden sie nur zwei Tagereisen weit, bis hinter Kien yang hsien, verfrachtet.

Ohne Aufenthalt ging meine Reise weiter, ging jetzt immer tiefer ins reiche, ins schöne, ins neue China hinein. In Kien yang hsien wurde ich von zwei liebenswürdigen schwedischen Damen zum Abendbrot eingeladen, die hier an diesem vorgeschobenen Posten ganz einsam stille Missionsarbeit trieben. Ein weiterer Tagesmarsch brachte mich in die Stadt Feng tsiang fu, der nächste Tag sah mich in der Stadt Ki schan hsien; ich hatte damit die große, alte Se tschuan-Straße erreicht. Überall standen stattliche Gasthäuser an der Straße. Schwer beladen zogen große Karren voll schneeiger Baumwolle in die Städte, und an einem Tage durchritt ich gleich ein halbes Dutzend Kreisstädte. Bei Sien yang hsien ging es ein letztes Mal über den Wei ho, der bei dieser Stadt dick und trüb und nur noch 360 m über dem Meer fließt. Hier vereinigt sich die Se tschuan-Straße, auf der ich zuletzt reiste , mit der KarrenstraBe nach Lan tschou fu. Sieben große Fähren dienen während des sommerlichen Hochwassers dem starken Verkehr, jeden Winter aber wird hier eine Bockbrücke geschlagen. Rundum auf den flachen Höhen stehen alte Erdtumuli, die schier unzähligen Grabdenkmale der Kaiser der alten Dynastien, die in Hsi ngan fu, dem Tschang ngan von einstmals, residiert haben.

1) Unter der Verwaltung des Tsing schui-Mandarins befindet sich eine Tagereise weiter nördlich der wichtige und betriebsame Flecken Tsch`ang kia tschwan, in dem nur Hui hui wohnen und in dem der oberste Ahun der ganzen Gegend seinen Wohnsitz hat.

Im Tsing schuf-Bezirk sah ich zum letzten Male eine verschleierte Chinesin. Die Sitte, daß eine junge Frau in den ersten Jahren ihrer Ehe einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht tragen muß, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigt, ist im übrigen

im Bezirk von Ts`in tschou noch so häufig wie im Hsi ning fu.

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