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0418 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 418 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Tibetische Fabeln aus Kin tschuan.

Der Lohn der Frőmmigkeit.

Ein Bauer hatte einen Kropf. Er ging einst, weil er sehr fromm war, zum heiligen Berg rDyarong Mu rdo und umkreiste ihn betend. Eine Nacht brachte er in einer Felsengrotte zu. Da trat, während er schlief, eine heilige Frau zu ihm, die von dem Gotte des heiligen Berges geschickt war, und heilte ihn von seinem Kropf. Als der Mami morgens aufstand, merkte.er, daß er keinen Kropf mehr hatte, und vergnügt ging er wieder nach Hause zurück. Da sah ihn sein Nachbar, der auch einen Kropf hatte, und wurde voll Neides. Auf seine Frage, wie er seinen Kropf losgeworden sei, sprach unser Freund : „Ich habe am heiligen rDyarong Mu rdo in der Grotte geschlafen, und wie ich erwachte, war der Kropf fort." Da beschloß der Nachbar, der sonst nie betete, dasselbe zu tun und machte sich auf, den heiligen Berg zu umkreisen. Er legte sich in derselben Grotte zum Schlafen nieder. Doch wie er morgens erwachte, da hatte er anstatt eines Kropfes deren zwei!

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Der Jäger und der Einsiedler.

In einem tiefen, wilden Walde hauste ein Einsiedler (ein Tschamba-Lama) in einer vermauerten Felsgrotte. Ein Jäger, der in dem Wald tagtäglich jagte, brachte von jedem erlegten Tiere einen Schlegel dem frommen Manne und schob diesen durch die kleine Fensterluke in des Heiligen GelaB. Wenn dann der Knochen abgenagt war, warf ihn der Lama wieder aus seinem kleinen Fenster ins Freie. Nach Jahren fiel des Jägers Auge auf den großen Haufen abgenagter Knochen, die vor der Wohnung des Lama aufgehäuft lagen; Entsetzen faßte ibn, und er rief aus: „Ich bin ein zu großer Sünder, ich habe zu viele Tiere umgebracht. Ich bin unwürdig, zu leben, und muß mir selbst das Leben nehmen." Ganz nahe von der Grotte des Lama war ein steiler Felsgrat. Von dem stürzte er sich hinab in den Grund. Doch im Sturz entschwand er den Blicken des Lama; er war in den Himmel entrückt worden. Da dachte bei sich der TschambaLama: „Wenn der Jäger, der große Sünder, der so vielen Tieren das Leben genommen hat, in den Himmel entrückt wird, muß ich, der ich mein ganzes Leben einsam betend in der Waldhöhle verbracht habe, vollends wert sein, in den Himmel zu kommen. Er entstieg seiner Höhle durchs Fenster und stürzte sich dem Jäger nach vom Grate hinab --- aber zerschmettert lag er unten in der Tiefe!

Der Verein der vier Gesellen.

Hase, Schwein, Affe und Rabe hatten Geld gesammelt, und der Hase hatte den Vorschlag gemacht, einen Verein zu gründen und ein Festmahl zu bereiten. „Einer von uns muß aber als Schmaus dienen," sprach der Hase, „und der soll daran glauben, dessen Name am leichtesten von der Zunge läuft." So kamen sie überein, daß sich das Schwein (pak) opfern müsse. Hierauf sagte der Hase: „Ich werde jetzt das Schwein schlachten; Bruder Affe und Bruder Rabe, geht und holt im Walde Holz zum Feuer-machen und bringt den Herd in Ordnung. Als die beiden fortgegangen waren, riß der Hase dem Schwein den Schwanz aus, verkaufte aber den „Rest" an den Chinesen. Den Schwanz steckte er in ein Loch in der Wand. Dann rief er zetermordio dem Affen und dem Raben: „Kommt, kommt und helft, das Schwein will ausreißen!" Eilends kamen

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