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0420 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 420 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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lich ausrief : „Was willst du denn? Das kann ich auch !" Dann fing er mit seinen langen Beinen zu hüpfen an, und schon hatte er sich in der Schlinge verfangen; der Strick legte sich ihm um den Hals, der Zweig fuhr in die Höhe, und zappelnd hing er da ! Die Elster aber kreischte: „Ei, wie lustig ist's, das Tanzen der Füße ohne Boden; wie lustig ist das hilflose Verdrehen der Augen !" Ehe der Hase verschied, sagte er noch : „Hätte ich das Ende bedacht, dann hätte ich dich nicht ausgelacht !"

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Stein, Stein, dreh' dich!

Auf einem Bauernhofe lebten einst eine Witwe und ihr Sohn. Als sie im Herbste die Garben auf dem flachen Dache ihres Hauses trockneten, kam eine freche Elster und stahl ihnen viele Körner. Da sprach die Mutter: „Geh, Sohn, und stelle eine Falle auf, daß wir die Elster fangen, sie stiehlt uns gar zu viele Körner." Der Sohn tat, wie die Mutter ihn geheißen, und schon denselbigen Abend war die Elster eingefangen. Als der Sohn zur Falle ging und die Elster töten wollte, bat diese ihn gar beweglich, sie doch freizulassen. „Nie mehr will ich zu euch kommen," sprach sie „und als Lohn, wenn du mich freiläßt, will ich dir ein Pferd und zwei Mühlsteine schenken. Mit denen hat es eine ganz besondere Bewandtnis." Darauf ging der Sohn zu seiner Mutter, erzählte ihr, was die Elster ihm versprochen, und bat sie, die Elster freizulassen. Doch die Mutter hieß ihn den Vogel töten. Ein zweites Mal bat der Sohn die Mutter für die Elster, doch sie blieb hart. Da ging der Sohn heimlich zur Falle und ließ die Elster frei und ertrug willig die Schelte der Mutter. Nach drei Tagen wanderte er den weiten Weg zum Hause der Elster. Die empfing ihn freundlich und führte ihn in ihre Küche. Da standen zwei Mühlsteine. Als die Elster sprach: „Stein, Stein, drehe dich," fing der oben liegende Stein an, sich zu drehen, und eitel Butter quoll aus den Öffnungen der Mühle. Die Elster schenkte dem Sohne die zwei Mühlsteine und befahl ihm, sie eilends heimzutragen und ja nicht unterwegs zu übernachten. Er zog vergnügt von dannen. Doch die Last war schwer und der Weg war lang, und als es Nacht wurde, kehrte er in einem Gasthause ein. Als er gegessen hatte, wies ihm der Wirt einen Raum im oberen Stocke, doch er sprach: „Ich rnuB hier unten bei meinen zwei Steinen bleiben." Meinte der Wirt: „Geh nur ruhig hinauf , die Steine wird dir niemand stehlen." „Aber, wenn ich weg bin, wirst du zu meinen Steinen sagen: Stein, Stein, drehe dich." „Ach, niemand wird dies sagen," beruhigte ihn der Wirt, und der junge Tor ging nach oben. Kaum war er fort, rief der Wirt seine Frau und seine Kinder herbei. Sie stellten sich um die Steine, und der Wirt sprach: „Stein, Stein, drehe dich." Da gehorchten die Mühlsteine, und eitel Butter quoll aus den Öffnungen. Der Wirt aber freute sich; rasch schaffte er die Steine weg in seine Küche und stellte dem Gaste zwei andere Steine bereit. Als der des Morgens herunterkam, lud er sich die falschen Steine auf den Rücken und zog mit ihnen heim. Stolz legte er die Steine vor seine Mutter und gebot: „Stein , Stein, drehe dich !" Doch diese rührten sich nicht. Da schalt ihn die Mutter, daß er so dumm gewesen sei und der Elster geglaubt und sie nicht getötet habe ; er aber machte sich nochmals auf zu ihrem Hause. Die Elster hieß ihn freundlich willkommen und führte ihn in ihren Stall. Da stand ein schönes Pferd. „Pferdchen, Pferdchen, strecke dich !" rief die Elster; das Pferd streckte sich, und Silberstücke rollten auf den Boden. „Dies Pferd ist dein," sprach die Elster. „So oft du Mangel hast, sage nur: Pferdchen, Pferdchen, strecke dich ! und es wird dir Silber in Hülle und Fülle schenken. Aber ziehe jetzt eilends heim und übernachte nicht." Froh zog der Sohn nach Hause. Doch der Weg war lang, und als es Nacht wurde, kehrte er in demselben Gasthause ein. Als er gegessen hatte, wies ihm der Wirt wiederum die Schlafstätte im oberen Stock an; er aber sprach: „Ich muß im Stalle bei meinem Pferdchen bleiben." „Das wird dir niemand stehlen," sprach der Wirt; „steig nur hinauf !" Der junge Mann ließ sich von dem Wirt versprechen, daß niemand zu dem Pferde „Pferdchen, Pferdchen, strecke dich !" sagen werde, und stieg dann die Treppen hinauf. Kaum war er fort, rief der Wirt Frau und Kinder herbei; sie stellten sich um das Pferd, und der Wirt befahl: „Pferdchen, Pferdchen, strecke dich !" Da gehorchte das Pferd, und Silberstücke rollten auf den Boden. Der Wirt aber freute sich, rasch schaffte er das Pferd beiseite Lind stellte seinem Gaste ein anderes hin. ALs der des Morgens herunterkam, faßte er das falsche Pferd am Zügel und zog damit

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