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0421 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 421 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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beim. Wieder erwartete, ihn die Mutter; er stellte das Pferd vor sie hin und sprach : „Pferdchen, Pferdchen, strecke dich !"; doch das Tier blieb stocksteif stehen. Da schalt die Mutter noch viel schlimmer als das erste Mal und schlug ihn dafür, daß er abermals der bösen Elster getraut habe. Er aber wanderte zum dritten Male zu ihrem Hause. Dort klagte er, wie schlecht sich ihre Geschenke bewährt hätten. Da gab die Elster ihm einen großen Prügel und sprach: „Nimm diesen Stock mit nach Hause, und es soll dir gut gehen. Aber hüte dich, zu ihm zu sagen: ,Prügel, steh' auf !' Und gehe eilends heim und übernachte nirgends." Froh zog der Sohn von dannen. Doch der Weg war lang und der Prügel groß und schwer, und als es Nacht wurde, kehrte er wiederum in dem Gasthause ein. Sprach der Wirt zu ihm, als er gegessen hatte: „Gehe die Treppe hinauf zur Schlafstube." Er aber sagte: „Ich muß hier unten bei meinem Prügel bleiben." Sprach der Wirt: „Den wird dir sicherlich niemand stehlen !" „Wenn ich weg bin, wirst du aber sagen: Prügel, Prügel, steh auf !" meinte der Sohn. „Ach, niemand wird dies sagen," beruhigte ihn wiederum der Wirt. Kaum war er aber allein, da rief der Wirt wieder Frau und Kinder herbei. Sie stellten sich rund um den Prügel, und der Wirt gebot: „Prügel, Prügel, steh auf !" Da stand der Prügel auf und ging auf den Wirt los und prügelte ihn durch, und ging auf des Wirtes Frau los und prügelte sie durch, und ging auf des Wirtes Kinder los und prügelte sie durch und hieb auf alle zumal ein, und prügelte auf alle zumal los, bis sie halbtot am Boden lagen und jämmerlich und laut um Hilfe und Erbarmen schrien. Und eilends brachten sie unter den Prügelschlägen das Pferd ber und schleppten unter den Prügelschlägen die Mühlsteine herbei und gestanden dem Sohne ihre Tücke ein. Da nahm der das Pferd und die Steine und den Stock an sich und zog fröhlich heim. Er stellte das Pferd und die Steine vor seine Mutter und gebot: „Stein, Stein, dreh' dich !" und „Pferdchen, Pferdchen, strecke dich !" Da quoll eitel Butter aus den Öffnungen der Mühlsteine, und dem Pferd entrollten Silberstücke. Des freute sich die Mutter. Als sie aber den Prügel sah, wollte sie wissen, was der ihnen Gutes beschere, da sprach der Sohn: „Nie darfst du zu ihm sagen: Prügel, Prügel, stehe auf !" Kaum war er aber ins Haus gegangen, da packte die Mutter die Neugier und laut rief sie : „Prügel, Prügel, stehe auf !" Und der Prügel stand auf und schlug die Mutter tot. Das war der Elster Rache.

Floh und Laus.

Der Floh und die Laus wetteten einst miteinander, wer von ihnen zuerst oben auf einem Berge ankomme. Beide sollten auf ihrem Rücken ein Holzbündel hinauftragen. Der Floh war guter Dinge und verlachte schon im voraus seinen bedächtigen Gegner. Er machte gewaltige Sprünge, doch bei jedem Sprung verlor er etliche Holzscheite und mußte diese mühsam wieder auflesen; die Laus aber krabbelte langsam und stetig bergan, das Holzbündel blieb dabei ruhig auf ihrem Rücken, und so war sie bei weitem die erste am Ziel. Mit Behagen ließ sie sich die große Schale Buttermilch schmecken, die als Preis ausgesetzt war. Seither sind alle Läuse so dick und so rund.

Die bőse Bergfrau.

Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Knaben. Seine Frau, die Mutter der zwei Knaben, hatte auf dem Totenbette ihren Mann zwei groBe Berggeister als Zeugen anrufen lassen, daß er stets und immerdar aufs beste für die zwei Kinder sorgen werde, auch wenn er, der erst dreißig Jahre alt war, sich wieder verheiraten werde. Als die Frau noch nicht ein Jahr tot war, nahm der Mann eine neue Frau zu sich. Diese war aber eine Tscha sen mu (ein Felsdämon = tschra srin mu), war ein Mensch, in dem ein böser Dämon steckte, und sie dachte nur daran, wie sie die zwei Knaben auffressen könne. Sie stellte sich deshalb schwer krank und sagte zu ihrem Manne: „Gehe du auf jenen Berg; droben wohnt ein Tschamba-Lama (ein Klausner), laß dir von diesem raten, was wir machen müssen, damit ich wieder gesund werde.` Da ging der Mann zu dem Klausner auf den Berg. Als er aber auf der linken Seite des Berges hinaufstieg, ging seine Frau rasch auf der rechten Seite hinauf. Oben verwandelte sie sich in den

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