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0171 Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1
Buried Treasures of Chinese Turkestan : vol.1
Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1 / Page 171 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000198
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Arbeiten und Ergebnisse in Kyzil   119

Mein Blick richtete sich auf den Strom, der wild aufkochte und mächtige Wogen schlug. Im obersten Quertal des gegenüberliegen-

den Ufers erhob sich dann plötzlich eine ungeheure Staubwolke, die in einer mächtigen Säule zum Himmel aufstrebte. Im selben Augenblick wankte der Boden und ein donnerähnliches Rollen ließ sich von neuem vernehmen. Da wußten wir, es war ein Erdbeben und wir sahen dann, wie auf dem entgegengesetzten Ufer der Stoß sich fortpflanzte. Nach Sekunden der Stille erhob sich in jedem der Quertäler, von stromauf- nach stromabwärts, eine ähnliche Wolke. Zum Glück war das Erdbeben nur von mäßiger Stärke. Herr Pohrt kam mit seinen Arbeitern ebenfalls erschreckt, aber ungefährdet zur Stelle.

Nun erhob sich die Frage : „Wo ist Grünwedel?" Wir wußten, daß er in der „Höhle der 16 Schwertträger" zeichnete und da die Gefahr vorüber zu sein schien, stürmten wir alle dieser Höhle zu. Wir erstiegen sie unter Befürchtungen aller Art und waren hoch erfreut, als wir sahen, daß Grünwedel sich in eine Ecke zurückgezogen und keinerlei Verletzungen erlitten hatte. Er hatte sicherlich das vernünftigste Teil erwählt, denn wir waren auf unserer Flucht durch die herabprasselnden Steinmengen sehr viel mehr gefährdet, als er es im Schutze seiner Höhle war. Allerdings hätte diese auch zusammenbrechen können, wie es später, zum Glück, als die betreffende Höhle leer war, einmal geschah.

Diese „Höhle der 16 Schwertträger", eine der am meisten westlich gelegenen Höhlen der Anlage, zeichnet sich dadurch aus, daß in den Korridoren rechts und links vom Kultbild lebensgroß die Stifterfamilie dargestellt war. Es sind Ritter in den großen Klappenröcken der östlichen Sassaniden, die mit kostbaren Stickereien verziert, oder aus Brokaten hergestellt sind.

Im hinteren Korridor stand ein großes, in den Stein gehauenes Podium, auf dem eine große Statue des sterbenden Buddha sich befunden hatte. Sie war indessen vollständig verschwunden. Von sonstigen Ausbeuten fanden wir in dieser Höhle nichts.

Dagegen ergab ein in unmittelbarer Nähe gelegener Tempel einen merkwürdigen Kopf, der, nach dem Vorbilde eines spätantiken (Taf, 40) Herakleskopfes gemalt, einen buddhistischen Heiligen darstellt. Wir konnten die Persönlichkeit an einem Bilde in einem anderen, nahegelegenen Tempel identifizieren. Es ist Mahakaschyapa, ein Heiliger der Buddhisten, der im Begriff ist, die Füße des Buddha zu küssen. Nach der buddhistischen Legende will nämlich der Scheiterhaufen, der zur Verbrennung der Leiche des Buddha dienen soll, sich nicht eher anzünden, bis Maha-