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0214 Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1
中央アジア秘宝発掘記 : vol.1
Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1 / 214 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000198
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150   A. v. Le Coq, Turfanexpeditionen

Wir stiegen wieder in die Tiefe und passierten den torartigen Engpaß zum zweiten Aufstieg; gewaltige, lose hängende Steinmassen überragten ihn.

Ich war freudig bewegt über das Gelingen dieses ersten, schwierigen Übergangs und begann leise vor mich hin zu pfeifen. Da hielt der Karawanenführer mich an, legte den Finger auf den Mund und wies mit ängstlicher Gebärde auf die über uns hängenden Steinmassen. Ich verstand und hörte sofort auf zu pfeifen. Ein einziger lauter Ton vermag die lose hängenden Steine in Bewegung zu setzen, sie stürzen ab und erschlagen alles, was sich unter ihnen befindetl. So überwanden wir den ersten, weniger schwierigen Paß.

Dann mußten wir den Shayokfluß durchqueren. Er war nicht tief, aber er ging mit Eis. Die Tibeter warfen ihre Filzlumpen ab, hielten die Bahre mit beiden Händen in die Höhe und gingen so, immerzu ihr „Kádam aló, kádam aló !" rufend, in den Strom hinein.

Ich setzte auf meinem Pferd knieend oberhalb der Träger durch den Strom und stieß mit dem Bergstock eines der Kaschmirer die größten der mit dem Strom herabschießenden Eisblöcke beiseite.

Wir passierten ohne jedes Unglück, die Kerle schüttelten sich wie Pudel, wickelten ihre Lumpen um sich, nahmen die Bahre wieder auf und „Kádam aló ! Kádam aló !" setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Den armen Kranken brachte dies Geheul, wie er es nannte, fast zur Verzweiflung, und er bat mich, es zu verbieten. Aber die Träger behaupteten, dann nicht marschieren zu können!

So kamen wir zum Fuß des gefürchteten Saserpasses und brachten dort die Nacht in einem der tibetischen Rasthäuser zu. Diese Rasthäuser bestehen aus niederen Steinmauern ohne Dach. Man legt sich unter den Schutz der Steinmauer, um vor dem schneidenden Wind, der wie ein Messer durch jeden Pelz dringt, geschützt zu sein.

Nach einer greulichen Nacht brachen wir am Morgen bei Tages-

1 Wir sind, Gott sei Dank, niemals in einen Steinschlag geraten.

Aber als wir, in der ersten Woche unseres Aufenthalts im Hochgebirge, uns Küdä mazär, einer kleinen Raststätte , auf etwa zwei Tagereisen genähert hatten, erbebte plötzlich der Boden leise, und ein dumpfes, schollerndes Rollen wurde zu wiederholten Malen, jedesmal schätzungsweise auf 4-5 Minuten, aus der Ferne hörbar.

Ich vermutete ein Erdbeben; der Karawan-Baschi aber sagte : „täsch kättl' = die Steine sind gegangen (d. i. abgestürzt).

Vor Küdä Mazär passierten wir den Ort des Phänomens — auf einer Strecke von mehreren Kilometern lag frisch abgestürztes Geröll in ungeheueren Halden am Fuli der Klippen.

Wir mußten über diese Geröllhalden unsern Weg suchen, stets befürchtend neue Gesteinmassen möchten durch den Lärm der Karawane sich loslösen. Wir kamen aber ungefährdet vorüber.