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0015 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 15 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000199
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EINLEITUNG

Unglücklicherweise war unser eifriger Förderer und Gönner, Geheimrat Pischel, der Sanskritist der Berliner Universität, im Jahre 1.909 auf einer Reise in Indien einem tückischen Leiden erlegen. Seine Stelle wurde jetzt eingenommen durch Geheimrat H. Lüders, dessen gelehrte und liebenswürdige Frau — auch sie ist eine ausgezeichnete Sanskritistin — sich der Mühe unterzog, die zahlreichen, oft sehr kleinen Bruchstücke der alten indischen Palmblatt- und anderer Handschriften aus dem „Rotkuppelraum" zu Kyzil zusammenzusetzen, eine mühsame Arbeit, deren erfolgreiche Beendigung dem kritischen Blick, der Geduld und den ungewöhnlichen Kenntnissen der Dame alle Ehre macht. Prof. Lüders gab die so wiederhergestellten, kostbaren Handschriften später mit Frau Luders zusammen heraus. Es waren Bruchstücke indischer Dramen, und er konnte feststellen, daß die Entstehung des indischen Dramas mehrere Jahrhunderte älter ist als man bisher angenommen hatte.

Ein Gang durch die Arbeitsräume des Museums bot damals reiche Anregung in wechselnder, aber immer fesselnder Weise. Hier saß Frau Dr. Luders an ihren Sanskrit-Texten, dort Prof. Sieg und Dr. W. Siegling in ihrem Studierraum, wo die schwierigen Geheimnisse der seltsamen europäischen Sprache aus Mittelasien, des „Tocharischen", ergründet wurden; ein Studium, das uns oft- mals auch die Freude eines Besuches des Sprachenvergleichers unserer Universität, des Geheimrat W. Schulze, einbrachte. In einem anderen Baum widmete F. W. K. Müller seine freie Zeit dem Studium der buddhistischen Handschriften in mittel-türkischer (uighurischer) Sprache. Eine Anzahl solcher Handschriften war von Prof. Grünwedel nach der ersten Expedition dem russischen Akademiker Wassilij Wassiljewitsch Radloffl in Petersburg zur Bearbeitung übergeben worden.

Das einzige vollkommene Blatt in türkischer „Runen"-Schrift aber hatte ich dem Altmeister der Turkologen, unserem verehrten Freund und Gönner, Prof. Vilhelm Thomsen, Excellenz, in Kopenhagen, dem berühmten Entzifferer der „Runen"-Inschriften vom Orchon und Tenissei als kleine Huldigung zur Bearbeitung ange-

1 Herr Radloff stammte aus Berlin und hieß eigentlich Wilhelm Radloff. Er kam nach Rußland und widmete sich dem Studium der türkischen Sprache, über die er zahllose, leider nicht immer ganz zuverlässige, Bücher veröffentlichte.

Trotz seiner vielfachen Entgleisungen verdanken wir diesem Manne vielerlei; wir wollen das nicht vergessen, zumal er in dem fürchterlichen Ausbruch russischer Barbarei in der Umsturzzeit den Hungertod gefunden haben soll.

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