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0058 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 58 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000199
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DIE REISE NACH KUTSCHA

dazu mit einem Köder versehen zu werden, wie unsere Angeln, oder man benutzt sie, um die durch narkotische, ins Wasser geworfene Vegetabilien — meistens Kokkels-Körner (Cocculus indicus) — betäubten großen Fische aus dem Wasser zu ziehen. Die kleineren Bewässerungsgräben dienen zuweilen als Fischfallen: die Fische treten in diese Gräben ein, die Zugänge werden nach einiger Zeit plötzlich geschlossen, und die Fische sind gefangen. Ich habe gesehen wie ein paar Bauerburschen einen übermannsgroßen Fisch, eine Art Wels, mit großem Geschrei und ohne sich durch das weitaufgerissene, fürchterlich große Maul im geringsten schrecken zu lassen, aus einem solchen Graben zogen und bewältigten. Obwohl der Wels keine Schuppen hat und deshalb vom Gesetz Muhammeds als religiös unrein erklärt wird, essen die Dólän ihn ohne jeden Skrupel und mit vielem Genuß.

Hasen, oder vielmehr Kaninchen, die von den Einwohnern WestTurkistans nicht genossen werden, sind in dieser Gegend gemein. Die Dólän fangen sie mit sehr primitiven Fallen und mit Netzen, der Hauptspaß ist aber die Jagd mit dem Wurfholz. Ein Haufe von sechzig oder mehr jungen Burschen, jeder mit einigen Wurfhölzern bewaffnet, verteilt sich um einen viele Kaninchen enthaltenden Wüstenort und geht in Halbkreisordnung vor. Die aufgeschreckten Tiere fliehen, werden aber durch die wirklich mit Kunst geschleuderten Wurfhölzer in großer Anzahl zur Strecke gebracht. Das Wurfholz ist ein finger- oder daumdicker elastischer Zweig der Tamariske, an dessen unterem Ende man einen im Winkel abstehenden Teil des Stammes oder der Wurzel belassen hat.

Außer diesen Sünden gegen den Koran habe ich die Dólän im Verdacht, noch viel Entsetzlicheres zu tun. Die Gegend um Maralbaschi ist reich an ausgedehnten Sümpfen, mit hohen Rohrdickichtbeständen. Darin hausen ungeheuere Mengen von Fasanen, sehr viele wilde Schweine und der Feind der letzteren, der scheue Tiger des Landes. Um die Tiger kümmert sich niemand, aber dem Wildschwein sind die Bauern äußerst feindlich gesinnt, weil es nicht nur die Saaten und Ernten schädigt, sondern auch weil es außer dem Luchs das einzige wilde Tier ist, das dem Menschen gefährlich wird. Man hört von Kindern, die von Schweinen zerfleischt wurden, während die Eltern auf dem Feld beschäftigt waren; in Tumschuk hörte ich sogar von einem Fall, wo ein alter Eber ein Kind in der Dorfstraße anfiel und tötete. Kein Wunder, daß man das Schwein, das außerdem ja gewissermaßen dem Muhammedaner als das Verworfenste auf Erden gilt, auf das bitterste

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