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0127 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 127 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000199
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AUFENTHALT IN KUTSCHA

Ungeheuer mit seinem dicken Kuhmaul einer der jungen vorn sitzenden Frauen einen Kuß zu rauben versucht. Dann fällt alles

übereinander, um dieser Liebkosung zu entgehen, und die Kinder wie die Erwachsenen kreischen vor Entzücken. Der „Reiter" wird von einem Mann, zuweilen angeblich von drei Leuten wiedergegeben. Auch er wird ungemein geschickt dargestellt. Der Reiter zeigt mit Stolz die Gangarten seines Pferdes, wobei er die ausgestopften Hosenbeine, die an seinem improvisierten Sattel herabhängen, geschickt zu schlenkern versteht. Er scheint sich die Vertraulichkeiten, die man der „Kuh" nicht verübelt, nicht gestatten zu dürfen.

Dieselben oder ähnliche Possenspiele finden sich bei den PamirTadschik, wo man sich zur Darstellung des „Reiters" eines aus Holz hergerichteten Gestelles mit geschnitztem Pferdekopf bedient.

Eine liebenswürdige Abwechslung in der mäsräp ist der „tschilim" genannte Aufforderungstanz, der immer von den Frauen begonnen wird. Das Wort „tschilim" (sonst = Wasserpfeife) bezeichnet hier die bei diesem Tanz eine Rolle spielende Blume.

In einer Pause der Kapelle erhebt sich eine der jungen Frauen, nähert sich einem der jungen Männer, macht ihm eine zeremonielle Verbeugung und winkt ihm mit einer Blume (häufig die goldgelbe Ringelblume, Calendula). Der so Aufgeforderte erhebt sich, erwidert die Verbeugung und geht mit seiner Dame auf den Tanzteppich. Hier verbeugen sich beide von neuem voreinander, die Musik fällt ein, das Pärchen führt ein chassé croisé anmutiger Art aus, verbeugt sich von neuem und wechselt dos-à-dos die Plätze. Beide knien dann, die Gesichter sich zugewendet, auf dem Teppich nieder, wo die Frau dem Mann die Blume überreicht. Dann erheben sich die Tänzer, und nach nochmaliger Verbeugung trennt sich das Paar; die Frau kehrt auf ihren Platz unter den Gästen zurück, und der Mann sucht sich nunmehr seinerseits eine andere Tänzerin, der er nach Beendigung des kurzen Tanzes die Blume zur Weitergabe übergibt. So wird das Spiel weitergeführt, bis wieder eine Pause in der Musik eintritt oder der Gastgeber eine neue Unterhaltung vorschlägt.

Die Dorfbewohner finden nichts Anstößiges an der Teilnahme ihrer Frauen als Zuschauer an solchen Festen; die Teilnahme am Tanze selbst wird dagegen von Einigen der Vornehmeren als leichtfertig betrachtet und deshalb Vermieden.

Ein liebenswürdiger Zug im Charakter der Osttürken ist ihre ungemeine Leidenschaft für die Musik.

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