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0136 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 136 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000199
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AUFENTHALT IN KUTSCHA

Herr von Hornbostel schrieb mir in Bezug auf den Charakter dieser Melodien :

„Die Melodien und auch die praktische Vortragsweise erinnern auffällig an nordindische Gesänge — der Melodietypus ist der von Räga Kalyän. Könnte da physisch-anthropologischer Einfluß ( Rasseneinschlag) vorliegen oder nur kultureller ?"

Dazu ist zu bemerken, daß bis zum Eindringen der Türken, und wahrscheinlich bis zur Absorbierung der arischen und europäisch-indogermanischen Landesbewohner in das Türkentum (IX. Jahrh.) der Süden des Landes von Indern besiedelt war. Es ist daher sehr möglich, daß ein indischer Rasseneinschlag in der Bevölkerung der Oase von Turfan vorhanden war.

Yüsüp trug an einem dieser Abende nicht wenig zur allgemeinen Heiterkeit bei, durch die Erzählung einer wahren Geschichte die sich in Kara Chodscha letzthin zugetragen hatte.

An einem oder mehreren der Tage dieses und des „großen Festes" gehen nämlich die Frauen auf die Friedhöfe, wo sie grüne Zweige auf die Gräber ihrer Verwandten legen und ein Gebet hersagen.

Oft wickeln sie Speisen in ein Tuch und bringen sie, frühmorgens, auf den Friedhof. Finden sie dort einen Mann, so geben sie ihm die Speisen und bitten ihn, darüber ein Gebet für die Toten zu sagen. Nach dem gesprochenen Gebet darf er die Speisen — gewöhnlich ganz wohlschmeckendes pfannenkuchenartiges Gebäck — verspeisen. Auf diesen Gebrauch begründet sich Üsüps Geschichte die ich im Wortlaut wiedergeben will.

Ich muß noch hinzufügen, daß die Familien des Miräb und unseres Wirtes in Kara Chodscha, Saut Hädschim in großer Feindschaft miteinander lebten.

Die beiden Familien waren die Montecchi und Capuletti von Kara Chodscha.

Üsüp machte es daher besondere Freude, die Geschichte der Niederlage des Hauptes der feindlichen Familie vor einer teilnehmenden Hörerschaft auszukramen. Beide Familien waren den meisten männlichen Zuhörern wohl bekannt, obwohl Kara Chodscha dreißig Karawanentagereisen entfernt liegt im Sommer wird nämlich das Feld bebaut, Winters ergreift ein Teil der Männer irgendein Handwerk, der größere Teil aber verdingt sich als Wagenführer, Packknechte u. dgl., und so gibt es wenige erwachsene Männer, die nicht einen großen Teil des Landes gesehen hätten.

In manchen Gegenden, z. B. in Turfan, tragen die bekannteren Geschlechter oft einen Familiennamen, der zuweilen aus einem Spitznamen entstanden ist. So hießen die Angehörigen der Fa-

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