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0111 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 111 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000199
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AUFENTHALT IN KUTSCHA

In dieser Nacht hatten wir ein ziemlich heftiges Erdbeben, das meine Wirte aber wenig erschreckte; es waren derer im Laufe des Frühjahrs mehrere vorgekommen, ohne Schaden anzurichten.

An diesen abendlichen Schmausereien beteiligten sich die Frauen nie — meine Wirte waren Westturkistaner, und in ihrem Lande beobachtet man die Satzungen des Islams weit genauer als in dem glücklicheren Ostturkistan.

Bei den Turfanleuten nehmen die Frauen, die dort nie verschleiert sind, oft an solchen Festen teil.

Gewerbsmäßige Erzähler gibt es angeblich in Kaschghar, Yárkänd und Chotän. Ich habe dort nie einen angetroffen, viel weniger aber in Kutscha oder in Turfan.

't   Meine Wirte fragten mich, als ich mich nach solchen Erzählern

erkundigte, warum ich diese Leute treffen wollte, und als ich sagte, daß ich aus den Erzählungen allerhand Beziehungen zwischen den West- und den Ostländern herauszulesen hoffe, fragten sie, ob ich denn etwa schon solche türkischen Geschichten gesammelt hätte. Ich hatte die von Radloff gesammelten „Proben der Volksliteratur der Türk-Stämme" bei mir, und als ich mich erbitten ließ, einiges daraus vorzutragen, wollte der Jubel nicht enden : ich mußte jeden Abend, während meines kurzen Aufenthalts, den Leuten die Nächte des Ramazan erheitern helfen durch solche

Rezitationen. Besonders die Geschichte von den Schingiltak mit

dem Pingiltak rief große Freude hervor.

i   Einige dieser Erzählungen sind derb, aber sie sind voller volks-
tümlichen Humors. Es hat mir immer Freude gemacht, zu sehen,

6      wie die Leute vor Lachen sich beim Sitzen nach hinten fallen
ließen. Die Tränen strömten ihnen über die Wangen.

Einige Proben solcher Erzählungen folgen am Ende dieses Kapitels.

In Kutscha war es sehr heiß und dumpfig, es drängte mich, ins Gebirge zu kommen. Mein alter Diener, Maksűd, war benachrichtigt worden, mich am nächsten Morgen abzuholen, und so ritten wir am 12. August nach Sű-baschi-längär ab.

Maksűd war 1906 ein Beg oder Beamter der chinesischen Regierung gewesen, hatte aber durch die Revolution seine Stelle verloren.

Er war ein schlanker, großer, stattlicher Mann, der trotz seiner 50 Jahre in kühner straffer Haltung ausgezeichnet zu Pferde saß und Ermüdung nicht zu kennen schien. Sein Gesicht zeigte eine der edleren Typen der bei den Landeseinwohnern vorkommenden Gesichtsformen (Taf. 15); es waren Züge, wie sie bei den Pamir-Iraniern häufig sind. Die Kopfform war breit und ungemein hoch, wie es bei fast allen Pamir-Iraniern der Fall ist.

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