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Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 | |
Land and People in East Turkistan : vol.1 |
AUFENTHALT IN KUTSCHA
auf die ersten drei Tage des dem Ramazan folgenden Monats Schawwäl fällt. Sie brachten mir etwas Kandiszucker, ein paar
Hände voll Rosinen, Tee u. dgl., welche kleinen Gaben sie in einer so anmutigen, bescheidenen und doch selbstbewußten Weise darboten, daß ich erfreut war und den guten Leutchen ein fabelhaftes Geschenk machte, nämlich etwa 3 Taler unseres Geldes.
Ich konnte das rechtfertigen, denn es ist Brauch, abhängigen Leuten am Ende des Ramazan Geld oder Kleider zu verehren.
Mein Geschenk entzückte die Leute in hohem Grade, und sie gingen unter Dankessprüchen und Segenswünschen erfreut von dannen.
Ich verabschiedete mich, mit nicht minder warmem Dank, von meiner mütterlichen Wirtin, die den Fremden ohne Ansehen der Religion oder der Rasse menschlich liebevoll gepflegt hatte, und von ihrem Eheherrn.
Die kleinen Mädchen und Bübchen des Orts, die ich zuweilen mit Rosinen und Kandiszucker beschenkt und mit Märchen-
erzählungen erfreut hatte, gaben mir ein achtungsvolles Geleit,
bis Maksüd sie freundlich zurücksandte. Wahrlich, das Benehmen dieser einfachen Landleute, die viele Meilen von einer Eisenbahn
entfernt wohnen, war so wohlanständig, taktvoll und menschlich, daß die ländliche und städtische Bevölkerung mancher Gegenden, die der Heimat weit näherliegen, sich ein Beispiel daran nehmen könnte.
Am 23. August — es war ein Sonntag — ritt ich mit Maksűd von Kutscha nach Kirisch. Der Weg wurde in vier Stunden
zurückgelegt ; die beiden Wagen brauchten deren sechs. Die Ent-
fernung beträgt ungefähr 22 km über ebenes Gelände, in ostnordöstlicher Richtung. Auf dem Weg passiert man, noch in der
Oase, die Reste der starken Festungsmauern der mittelalterlichen
Stadt Kutscha, die etwa 3 km östlich von der heutigen Stadt liegen, und kurz darauf den merkwürdigen Stupa-Tempel des
Avalokitesvara (oder Kwannon), mit dem großen muhamme-
danischen Heiligtum, des „Vaters der tausend Körper" (Taf. 28). Bei unserem kurzen Besuch in Kirisch im Jahre 1906 hatten wir im Hause des reichsten Einwohners freundliche Aufnahme ge-
funden, und ich wies Maksűd an, wieder dort vorzusprechen. Aber der Grundbesitzer wies Maksűd ziemlich barsch ab, und wir mußten uns anderswo nach Unterkunft umtun. Mir war das Benehmen des früher so freundlichen Mannes unerklärlich. Ich war damals nur einen Tag in Kirisch und mußte gleich, anderer Geschäfte halber, nach Kutscha zurück, so daß ich nicht wußte, ob der Mann etwa
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