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0216 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 216 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000199
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SCHLUSSWORT

Leider kennen wir die Legende, zu der der antike Vorwurf die Illustration gegeben hat, nicht.

Die weibliche Figur scheint mit der einen Hand ihren Entführer aus einer Schale tränken zu wollen. In der anderen hält sie einen Gegenstand, der entweder als ein Fliegenwedel ( ?) oder als ein Blätterstrauß ( ?) zu deuten ist (Taf. 42).

Die persische Sage kennt den Wundervogel Simurgh. Vielleicht nehmen sich die Iranisten einmal der Sache an.

In der indischen Darstellung desselben Vorwurfs — sie stammt aus Gandhära — ist der Adler des Zeus der Garuda der indischen Sage geworden. Dieser Fabelvogel liegt im beständigen Kampf mit den Schlangengöttern, und die abgebildete Skulptur zeigt die Entführung einer Schlangengöttin. Sie ist als solche gekennzeichnet durch die Schlange, die, aus ihrem Nacken entspringend, den Kopf des Entführers zu beißen sucht, obwohl er ihren Leib mit seinem Schnabel gepackt hat.

Die dritte Etappe führt unsere Gruppe nach Ostturkistan. In diesem Lande wird, infolge irgendeiner noch ungeklärten Anschauung, der Garuda mit zwei Köpfen (von denen jeder öfter eine Schlange im Schnabel trägt [Taf. 42]) dargestellt.

Auf der Wiedergabe unserer Gruppe aus der „Laternen"-Decke eines Tempels in Kyzil sind die Schlangen schwer zu erkennen; auch ist hier nicht mit Sicherheit zu ersehen, ob die entführte Person ein Mann oder ein Weib ist (Taf. 42).

Der Umstand, daß der Garuda hier zwei Häupter hat, veranlaßt in der chinesischen Malerei der Tempel zu Bäzäklik (der vierten Etappe!) die ausübenden Künstler zu einer neuen Änderung. In den dort häufigen Repliken dieser Gruppe sind zwei Garudas, dort als geflügelte Menschen mit Raubvogelfängen und Schnäbeln dargestellt, an der Entführung eines Kindes beteiligt. Leider sind die Photographien dieser Wandgemälde so unklar, daß ich hier keines davon wiedergebet.

Die vierte Etappe liegt also in der Oase von Turfan, wo sie auch in einer anderen Form mit nur einem Garuda auftritt. Hier ist der Vogel ein „Phoenix"-ähnliches Wesen, dem von der Mutter des entführten Kindes eine Wurfschlinge übergeworfen wird.

Auch in den Gemälden von Bäzäklik wird einer der Vogeldämonen mit der Wurfschlinge eingefangen.

1 Wer die Sache genauer zu verfolgen wünscht, sei auf den Bilderatlas zur Kunst- und Kulturgeschichte Mittelasiens verwiesen (Dietr. Reimer, Berlin 1925), wo ein solches Gemälde abgebildet ist.

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