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0013 Bilderatlas zur Kunst und Kulturgeschichte Mittel-Asiens : vol.1
Bilderatlas zur Kunst und Kulturgeschichte Mittel-Asiens : vol.1 / Page 13 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000232
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KLEIDUNG.

Unvergeßlich wird mir immer der Eindruck bleiben, den die Stifterbilder der „tocharischen" Fürsten gewährten, als ich zum ersten Male in der Oase von Kutscha einen ihrer verschütteten Tempel öffnete und betrat.

Denn während die Ritter und Fürsten, die in den Tempeln der Oase von Turfan ihre Porträtgemälmälde' hinterlassen haben, in Gesichtszügen und Tracht durchaus ihre asiatische Abstammung und Kultur verrieten, sah man sich hier vor Bildern, die auf das lebhafteste an Darstellungen aus der europäischen Ritterzeit gemahnten : im unsicheren Glanz der Lichter standen dort, anmutig sich auf den Zehenspitzen wiegend, die Herren in ihren prachtvollen Waffenröcken, die langen graden Schwerter mit Kreuzgriff am metallenen Rittergurt. Neben ihnen die Damen in kostbaren Gewändern, dem ausgeschnittenen, schellenbesetzten Mieder und langen Schleppenrock, den Körper leicht vorgestreckt in jener eigentümlichen Haltung, die auf europäischen Frauenbildern bis in die neuere Zeit wiederkehrt.

Bei genauerer Betrachtung verschwindet zwar der erste Eindruck, der dem Beschauer eine gotische Grabkapelle vorzutäuschen suchte, aber der auffallenden Ähnlichkeiten mit westländischen Dingen bleiben genug. Ob, und welche, Zusammenhänge vorliegen, wird durch die Mitarbeit von Kennern der Trachtenkunde festgestellt werden. Allgemein bekannt ist, daß zur Zeit des ausgehenden Mittelalters asiatische Stoffe in Europa mit Vorliebe zu den Gewändern der Vornehmen verwendet wurden. Die Vermutung liegt nahe, daß diese Stoffe zuweilen schon in fertigen Kleidungsstücken eingeführt wurden und dann als Ausgangspunkt für neue Moden gedient haben.

Die Männertracht. Fast alle auf den Wandgemälden dargestellten Männer sind Vornehme : Ritter, Fürsten oder Könige. Nur in wenigen Beispielen finden sich — abgesehen von Mönchen in indischen Ritualgewändern — Leute dargestellt, die nicht zu den obersten Schichten der Gesellschaft gehören, die Maler nämlich, und da ihre Bilder sich in den wahrscheinlich ältesten Höhlen fanden, möge mit der Beschreibung ihrer Kleidung begonnen werden (Fig. 3-7).

Sie tragen einen bis zum halben Oberschenkel reichenden Rock mit Bortenbesatz, der in seiner einfachsten Form einen dreieckigen Halsausschnitt zeigt. Zuweilen ist an der r. Seite des Halsausschnittes ein einseitiger Kragenaufschlag (Patte) angebracht. Ein Gurt umschließt die Hüften und trägt das in persischer Weise mit zwei Anhängeschnüren befestigte Kurzschwert. Pumphosen und lange Stiefel mit Schäften, deren Oberrand zuweilen mit ausgestanzten Rundungen verziert ist,

1 Da wir uns mit den türkischen (uigurischen) Stifterbildern der östlichen Siedelungen (Turfan) hier nicht beschäftigen können, sei wenigstens gesagt, daß das Bestreben, die Gesichter der dargestellten Personen zu individualisieren, also Porträts zu malen, erst auf den türkischen Wandgemälden (nach 75o n. Chr.) erscheint. Bis dahin waren, wie die übrigen Teile der Wandgemälde, auch die Gesichter stets mit Pausen hergestellt worden und man hatte sich damit begnügt, durch die Eintragung des Namens jeder Person auf über ihr angebrachten horizontalen Streifen sie von den übrigen zu unterscheiden. Auch bei den Türken der älteren Zeit schrieb man die Namen auf solche horizontale Bänder; später benutzte man, unter dem Einfluß der meist von oben nach unten geschriebenen uigurischen Schrift, senk-

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recht stehende Täfelchen, die zu Häupten der Porträtbilder angebracht wurden.

Was das Verhältnis der Türken zur Kunst angeht, so fällt auf, daß in dem alten Kulturland Ägypten sich fast regelmäßig eine reiche Kunstentwicklung vollzog, sobald es aus den Händen arabischer Gouverneure in die von türkischen Herrschern überging. Dies war der Fall bei den Tuluniden und den Mameluken; viele dieser Sklavenfürsten stammten aber aus Kiptschak und mögen mit der Kunst des erst vom io. Jahrhundert an dem Islam allmählich unterliegenden Ostturkistans vertraut gewesen sein. Daß manche von ihnen blond und blauäugig gewesen, sei nebenbei erwähnt; vielleicht hatten sie tocharisches Blut.