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0028 Bilderatlas zur Kunst und Kulturgeschichte Mittel-Asiens : vol.1
Bilderatlas zur Kunst und Kulturgeschichte Mittel-Asiens : vol.1 / Page 28 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000232
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zieren. Beachtenswert ist der zornig nach hinten gerichtete Kopf. Er trägt die langen spitzen Ohren, die allen diesen Darstellungen gemein sind, auch die merkwürdigen, aus den Brauenwülsten sich erhebenden Hörner fehlen nicht. Aus dem weiten Rachen wird zwischen dem sehr deutlich gezeichneten schneeweißen Gebiß eine rötliche Zunge hervorgereckt. Das tückisch blickende Auge ist bei allen Figuren weiß mit grünem Stern.

Wichtig ist die Form des Oberkiefers. Sein Vorderteil läuft nämlich in eine rüsselartige Verlängerung aus, die an ihrer Basis wie abgeschnürt erscheint. Wir kommen weiter unten auf diese Eigentümlichkeit zurück.

Die oberste Drachenfigur, die dritte und letzte der Gruppe, zeigt einen mit vier, nicht wie bei den übrigen Figuren mit zwei, Füßen versehenen Körper, dem dafür der Ringelschwanz abgeht. Die Mähne am Ansatz der Vorderbeine wiederholt sich hier am Ansatz der Hinterbeine. Der vordere Teil des Körpers ist blau, der hintere grün; auf dem Vorderkörper ist eine Sprenkelung mit kleinen weißen Ringen gut zu erkennen. In der Färbung der übrigen Körperteile stimmt diese Figur sonst mit den schon geschilderten überein.

Der Kopf ist gut erhalten; er zeigt Ohren und Hörner, deutlicher als es bei den anderen Drachen der Fall, sowie eine Art Mähne oder Backenbart am Kieferansatz. Auch die Abschnürung am vorderen Oberkiefer ist vorhanden, wenn auch weniger deutlich als bei dem zweiten Drachen. Gerade vor dem Rachen ist der Schnitt geführt worden, der zur Abhebung der Verputzplatte nötig war. Er hat ziemlich genau die Mitte der Wölbung getroffen. L. von ihm erscheint das Haupt des obersten der in umgekehrtem Sinne auf die andere Hälfte der Wölbung aufgemalten Drachenreihe. Die eine Reihe steht auf den Füßen, die andere auf dem Kopf.

Diese Drachenbilder sind wichtig, weil sie a) ihre Vorbilder in der Gandhârakunst haben und weil sie b) Elemente enthalten, aus denen das Wappentier Chinas, der Drache, entstanden ist.

Der Ringelleib der Drachenfiguren hat seinen Ursprung in den Darstellungen von Hippocampen, Tritonen und anderen hellenistischen Seetieren und Seegöttern, denen wir häufig genug in den Bögen von Stûpa-Giebeln usw. der Gandhärakunst begegnen, und von denen einige auch mit Drachenköpfen versehen sind, die offenbar mit den Köpfen unserer Drachen verwandt sind (fig. 143). Aber der Ringelleib fehlt dem chinesischen Drachen; sein Körper ähnelt vielmehr einem mit vier Beinen versehenen Schlangenleib, d. i. dem Leibe einer langen und dünnen Eidechse.

Die Füße an diesem Eidechsenkörper sind wieder die mit drei Zehen bewehrten Füße unserer Drachen aus Qyzil.

Das Vorbild für den Eidechsenkörper findet sich ebenfalls in Gandhâra und zwar auf dem Friese über dem schönen Relief aus Loriyân-Tangai, das den Tod des Buddha darstellt (fig. 144). Hier ist der Kopf schon deutlich mit Hörnern versehen und zeigt auch die beginnende Abschnürung des aufwärts gerichteten Vorderteils des Oberkiefers.

Nach diesem Hinweis auf das hellenistische Vorbild des Körpers des chinesischen Drachen wollen wir dessen Kopf studieren, wie er auf fig. 146 dargestellt ist.

Wir sehen da denselben abgeschnürten rüsselartigen Vorsprung am Oberkiefer, die Schuppen am unteren Teil des Halses, die Mähne, die Hörner, kurz alle Einzelheiten der beschriebenen und abgebildeten Köpfe, nur ist alles chinesisch aufgefaßt und in barocker Weise verändert.

Bei der Entstehung der Köpfe unserer Drachen aus Qyzil haben vielleicht spätantike Darstellungen des Delphins einen Beitrag geliefert. Die zurückgebogene, schnabelartige Schnauze eines makara aus Mathura weist auf diesen Ursprung hin. Der Kopf zeigt auch die Hörner.

Eine Mittelform wieder zwischen diesem makara-Kopf aus Mathura und den Köpfen der Drachen von Qyzil dürfte der nebenstehende Drachenkopf aus der Gandhâra-Siedelung von Tumsuq bei Maralbaschi sein, die wir dem 1. oder 2. Jahrhundert n. Chr. zuschreiben. Dieser Kopf zeigt nahe Beziehungen zu den Drachenköpfen auf der Stele von Si-ngan-fu (8. Jhdt.).