National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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~ | in der Steppe für seine alten Kleider mehr geboten wurde, als er sonstwo er- warten konnte, so hatte er alles auf einmal verkauft, selbst seinen schönen, langen, blauschwarzen Zopf. Mit dem Erlös hoffte er, seine ferne Heimat wieder erreichen zu können. Er war ein munterer, intelligenter Mensch, und ich engagierte ihn von der Straße weg. Vom nächsten Gasthaus an stolzierte er dann in einer meiner Hosen einher. Gerne spielt kein Chinese den Sonnen- bruder, die Nächte waren in den Bergen außerdem schon recht frisch. Ich hätte den Mann gerne behalten, aber in Sa la tschi, das ich einige Tage darauf er- reichte, erklärten mir meine anderen Diener rundweg, mit einem Manne ohne Zopf könnten sie nicht zusammen dienen. Es sei unter ihrer Würde. Nirgends herrscht größeres Standesbewußtsein. „Das ist ehrenrührig," versicherten sie, und dabei deuteten sie auf ihre Wange, weil dort ja die Ehre sitzt. So mußte ich den kleinen Kuli wieder entlassen. Es tat mir leid, nach einer zehntägigen Reise die mongolischen Berge schon wieder verlassen zu müssen. Allein keiner meiner Diener verstand sich auf die Baumwollpolsterung der chinesischen Packsättel, und bereits stellten sich bei den Tieren Drücke ein. Der große chinesische Packsattel ist ein Marter- werkzeug für die Tiere, wenn der Treiber nicht versteht, damit umzugehen. Er ist aber der beste Sattel, sofern man ihn zu behandeln weiß. Ein tonnen- artiges Gewölbe aus Holz mit einem starken ledernen Vorder- und Hinterzeug, aber ohne Bauchgurt, hat auf seiner dem Rücken des Tieres zugekehrten Unterseite eine dicke lose Baumwollage, die alle zwei bis drei Tage aufgefrischt, umgelegt, hier erniedrigt, dort verdoppelt wird. Auf diese halbkreisförmige Tonne wird zwischen zwei vorspringende Leisten ein gabelförmiger Rahmen aufgesetzt, an dem die Kisten festgebunden werden, solange die Gabel noch auf dem Boden steht. Die Tiere können natürlich nur im Schritt unter diesem Sattel gehen. Sie machen aber trotzdem oft Tag um Tag 40-50 km unter einer Last von 220 bis 230 Cättie. Auf den steinigen Bergpfaden Nordchinas ist eine andere Gangart als Schritt sowieso kaum möglich. Sá la tschi ting (mongolisch : Tsaghan kurä) ist ein sehr lebhafter Ort mit etwa 40 000 Einwohnern, unweit nördlich vom Hoang ho, in der gleichen Ebene wie Kuei hoa gelegen und von dieser Stadt 240 Li (120 km) in westlicher Rich- tung entfernt. Nach 31/2 Monaten begegnete ich hier zum erstenmal wieder Europäern, schwedischen Missionaren. Mr. Oberg ist einer der wenigen, die den Fremdenverfolgungen von 1900 entronnen sind. Er wohnte damals näher bei Kalgan und konnte sein und seiner Frau Leben retten, da der Beamte ihn heimlich bei der Flucht unterstützte. Von Sá la tschi selbst ist 1900 kein ein- ziger der europäischen Missionare entkommen. Der Weg nach Osten, nach der Küste, war für sie längst gesperrt, ehe sie überhaupt etwas von der Gefahr erfahren hatten. Für eine Reise nach Norden durch die Wüste batten sie nicht die genügenden Mittel. So blieben sie hier und monatelang taten ihnen die Chinesen auch nichts zuleide. Da wurde eines Tags — ich folge der Erzählung Mr. Obergs — der Unterpräfekt, der Or fu, von Sá la tschi nach Kuei hoa be- fohlen. Während eines großen Essens fragte dort der Dao tai den Or fu, ob er auch sicher alle Missionare seines Bezirkes ausgerottet habe. Der Beamte er- schrak und bejahte. Heimlich sandte er dann einen Boten an seine Frau mit der Weisung, sofort alle Europäer in der Stadt töten zu lassen. Etwa fünfzehn Personen, Männer, Frauen und Kinder, verfielen diesem Befehl. Sie wurden |
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