National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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e.
PIP
• tT
:a.
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IV.
In Kan su und an der Grenze Tibets.
Die Hauptstadt der Provinz Kan su ist Lan tschou fu. Und wenn mir ein
Kan su-Mann von seinem Lan tschou fu erzählte und sich ausgeredet hatte,
was Mehl und Brot, was Tabak und Schnaps dort kosten, so wußte er auch gleich
zu berichten, daß es dort ein Weltwunder gebe, nämlich die Schiffbrücke über
den großen Gelben Fluß. „So etwas," wurde ich versichert, „habt ihr Fremden
sicherlich nicht. Unter dem ganzen Himmel gibt es nichts Ähnliches mehr."
Vom gewöhnlichen Volk wird die Stadt Lan tschou fu meist nur Gao lan
hsien genannt, nach dem Titel des Unterpräfekten oder Landrats (hsien), der
darin seinen Sitz hat, und mit dem das Volk in erster Linie zu tun hat 1). Die
Stadt liegt dicht am rechten Ufer des Hoang ho, wo dieser für eine kurze Strecke
auf eine Breite von nur 250 m eingeengt ist. Nirgends weiter auf- und abwärts
zeigt der Fluß gleichermaßen günstige Bedingungen zum Übersetzen.
In jedem Winter ist hier der Gelbe Fluß mindestens während 11/2 Monaten
gefroren, so daß selbst schwer beladene Frachtkarren darüber fahren können.
Die Eröffnung dieser natürlichen Eisbrücke, die gegen Ende Dezember statt-
fand, war von jeher eine große Festlichkeit und wurde mit großem Pomp be-
gangen. Als erster mußte der Gao lan hsien als „fu mu kwan", d. h. Vater-
Mutter-Mandarin, wie der patriarchalisch denkende Chinese seinen Landrat
nennt, in seinem Staatswagen und mit zahlreichem Gefolge über das Eis fahren,
um damit zu beweisen, daß es tragfähig sei. Im Herbst wie im Frühjahr beim
Eisgang war dagegen der Flußverkehr oft tage- und wochenlang gesperrt. Man
vermochte höchstens unter Lebensgefahr auf einem Floß von Ziegenschläuchen
zwischen den Eisschollen hindurch über den reißenden Strom zu gelangen.
War aber im Frühjahr das Eis verschwunden, so wurde auf Kosten der Pro-
vinzialregierung die berühmte Schiffbrücke, das eingangs erwähnte Weltwunder,
aufgefahren. Zweiundzwanzig breite Pappelholzboote von Kistenform wurden
mit schweren Eisenketten und vor allem mit dicken Hanftauen zusammen-
gehalten, wie auf Tafel XXXIV zu erkennen ist. Darüber wurden rohe Bretter
gelegt, aber so ungenau, daß selten j emand wagte, über diese Brücke zu reiten.
Überall gab es große Löcher, überall wippten und schnappten die Bohlen.
Auch das hölzerne Geländer war mehr zum Ansehen als zum Anlehnen da. Die
Brücke war auch für Europäer ein Weltwunder, aber freilich nur deshalb, weil
1) Die Stelle des Gao lan hsien galt für sehr arbeitsreich, aber für eine schlechte Pfründe. Diese Beamten wurden daher meist nach einem Jahr schon auf eine gute Pfründe versetzt. Wenn sie es verstanden, bei ihren hohen Vorgesetzten einen guten Eindruck zu machen und ihnen viele Arbeit abzunehmen, so erhielten sie meist Ts`in tschou im darauffolgenden Jahre. Ich hörte von einem Mandarinen, der dreimal zwischen diesen beiden Ämtern wechselte, d. h. in einem Jahre mußte er darauflegen, im anderen Jahre konnte er wieder gut verdienen.
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