National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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Wieder kamen an diesem Morgen Reiter zu uns hergeritten, die sich eine Weile
mit uns unterhielten, ehe sie weiterzogen. Die Tibeter sind alle sehr schmierig
und phantastisch gekleidet, jeder geht auch stets bewaffnet, und daß man in
diesen menschenleeren Steppen jeden Menschen, dem man begegnet, genau
betrachtet und anredet, ist eigentlich selbstverständlich; wir nahmen also keine
besondere Notiz von diesen zweifelhaften Besuchern. Erst am anderen Tag
wußten wir, was sie gewollt hatten.
Nach etwa 10 km kamen wir durch ein Zeltlager, das neben einer kleinen
Süßwasserquelle zwischen hohen Dünen lag. Zweiundzwanzig unsäglich ärmliche
Zelte drängten sich dort dicht zusammen. Die einzelnen Zelte waren nicht manns-
hoch und bestanden aus ein paar halbzerfetzten Laken, die nur wenig Schutz
bieten und vielleicht zwei oder drei Männer aufnehmen konnten. Während
mehrerer Monate und immer nur in der kältesten Zeit wohnen hier alle Jahre
die Fischer, die den Fischreichtum des Sees ausnützen. Es sind dies Mohamme-
daner und auch Mongolen, die von weit hergereist kommen. Täglich machen
sie von hier aus weite Züge auf den See hinaus, schlagen kleine Löcher in das Eis
und angeln mit krummgebogenen eisernen Nähnadeln. Trotz der primitiven
Hilfsmittel hatten sie täglich ein Erträgnis von dreißig Yaklasten Fische, also
etwa 30 Zentnern, die von hier aus auf den Markt von Dankar versandt werden.
Die Tibeter selbst betrieben keinen Fischfang auf dem See, es gilt ihnen als
Sünde, Fische zu fangen. Sie essen auch am Kuku nor nie Fische. Die Kuku nor-
Fischer teilen sich in Unternehmer und Arbeiter; die letzteren werden von ihren
Meistern im Akkord bezahlt. Beide erfreuen sich aber eines sehr wenig guten
Rufes, so daß es weder der Hsië dia noch Tschang für geraten hielt, neben ihnen
Lager zu schlagen. Wir zogen darum weiter nach Westen, aber nirgends fanden
wir etwas Weide. Ein breiter Dünengürtel zog sich überall bis an das Eis hin
und zu hohen Barchanhügeln war unabsehbar weit der Sand aufgehäuft.
Am Nachmittag begegneten wir zwei jungen Lamapriestern, die zu Fuß
aus Westen kamen und uns in großer Kümmernis ihr Leid klagten. Um die
heilige Insel im See zu besuchen, waren sie mit einem Bündel auf dem Rücken
von Labrang gomba (dem großen Kloster südlich von Hsün hoa ting) hergereist.
Sie hatten fast einen Monat gebraucht. Da aber ein breiter Streifen Wasser
vor der Insel noch offen geblieben war, so hatten sie ganz nahe vor ihrem Ziel
wieder unverrichteter Dinge umdrehen müssen. Sie hatten nur den Trost, daß
in diesem Jahr überhaupt noch niemand auf die Insel hatte gelangen können.
Sie waren aber so nahe an die Insel herangekommen, daß sie die Lamas, die
dort wohnten, deutlich sehen, ja mit ihnen sprechen konnten; es sollten vier
Mönche und eine „ani", eine Nonne, sein. Sie hatten auch die Ziegen gesehen,
die sich die Mönche auf der Insel halten, und ein Pferd, das — wie man allgemein
behauptet — eine besondere Rasse') darstellt, und einer Kreuzung mit den See-
drachen des Kuku nor entstammt, in Wirklichkeit aber nur als Dungfabrik
dient, um das nötige Brennmaterial für die Bewohner zu schaffen. Da nun auch
diese beiden Pilger nirgends am Seeufer einen Weideplatz gesehen hatten, so
beschloß ich, zunächst wieder umzudrehen, um die nächsten Tage nördlich
von den Dünen nach Westen zu ziehen.
1) Die Chinesen erzählten, daß die Tu ku hun persische Hengste auf die Insel gebracht hatten.
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