National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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Am Abend schlugen wir etwa 5 km von den Fischerzelten unser Lager. Wir waren zum Schluß etwas landeinwärts gezogen und lagerten am Ufer eines kleinen Süßwasserteiches, in dessen Umgebung die Dünen von einer mageren Grasdecke überzogen waren. Es war ein schlechter Lagerplatz, mitten im Sand, aber er war der beste, den wir zwischen den Dünen gefunden hatten. Nur der Teich bot eine Annehmlichkeit. Auf seiner spiegelglatten Eisfläche konnte ich mich noch eine halbe Stunde lang für die bevorstehenden Dauer- fahrten im Schlittschuhlauf üben, bis es dann zu dunkeln anfing. Bis dahin hatten meine Diener noch immer nichts Warmes fertig gebracht. Es gab so wenig brennbares Argol an diesem Teich, daß sie zu fünf je eine halbe Stunde lang suchen mußten, bis sie eine hinreichende Menge beisammen hatten. Ein eisiger Wind setzte in der Dämmerung ein, der von Minute zu Minute stärker wurde. Die Zelte knarrten und knackten und drohten jeden Augenblick in sich zusammenzustürzen. Selbst im Inneren litten wir noch unter dem Treibsand. Er drang durch die feinsten Ritzen; im Bart, in den Augenbrauen bildeten sich ganze Sandnester und bei jeder Bewegung des Mundes knirschte es zwischen den Zähnen. Der Sturm ließ die Kälte doppelt empfinden. Ich mochte anziehen, was ich an Kleidern mit mir hatte, es fröstelte mich dennoch. Zuletzt suchte ich das Küchenzelt auf und lag dort neben dem Feuer, zwischen den Dienern in meinem Fellsack, um in mein Tagebuch zu schreiben. Über meine dicke europäische Wintermütze, die nur das Gesicht freiließ, hatte ich noch eine mongolische Pelzmütze und einen Filzhut gezogen, auf dem Körper trug ich übereinander zwei langhaarige Pelzmäntel. Unser heutiges Essen war immer noch nicht fertig geworden. Aber es begann doch endlich leise in unserem Kessel zu kochen. Der Wind, der im Zeltinneren noch so heftig war, daß er den gesammelten Dunghaufen zu einem großen Feuer anfachen konnte, sorgte damit zugleich für eine ausgiebige Beleuchtung. Ma- gische Lichter und Schatten huschten über die weißen Zeltwände, wenn diese bei der wechselnden Windstärke sich hoben und senkten. Wegen des Sturm- windes mußte man sehr laut sprechen, um sich zu verstehen. Aber Tschang und der Hsië dia, die auf der anderen Seite des Feuers saßen, hinderte das nicht; sie überboten sich gegenseitig in grausigen Räubergeschichten. Jeder wollte die größeren Fährnisse erlebt, jeder mehr als der andere an Tibetern und Mohammedanern erschlagen und erschossen haben. Später war der Hsië dia hinausgegangen. Die Pferde und Yak, die draußen zwischen den Zelten angebunden standen, waren etwas unruhig geworden. Als der Hsië dia längere Zeit nicht wieder kam, sandte ich zu seiner Unterstützung noch meinen Diener Go. Der kam gleich wieder mit der Meldung, es sei alles in bester Ordnung. Kaum saß er aber am Feuer und wärmte sich die erstarrten Glieder, da girrte und heulte es wild rings um das Zelt. Dies war nicht nur der Sturmwind. Ein ohrenzerreißendes Hi-i—i—u ! Tschi—i—u—u ! ein wildes Juchzen und Fluchen schallte uns in die Ohren. Das Zelt begann zu wanken und neigte sich. Schwert- und Säbelhiebe patschten und klatschten auf die dünnen Tuchwände. Ein langer Spieß fuhr mitten durch das Zelt ; ich sehe noch Tschang in dem zuckenden Licht unseres Feuers darnach haschen und sich rasch zu Boden werfen, daß das Eisen ihm nicht mitten durch die Brust gehe. Zum Glück lag meine Mauserpistole schon geladen und entsichert auf meinem Kopfkissen neben mir. Ich war auch der nächste an der Zelttüre. Nur ein Griff, ein Sprung 198 | ;;h | |||
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