National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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gottes Ts`ao ye geklebt1), und als ich erwachte, prangte auf allen meinen Kisten
und auch an den Sätteln, an den Körben, Säcken, Hämmern, an meiner Kamera,
ja selbst an dem Besenstiel, den ich zwei Tage vorher gekauft hatte, und an der
Kutterschaufel, kurz an allem, was mir gehörte, ein kleiner Sinnspruch oder
ein chinesisches Zeichen, das Glück und Reichtum bedeutete. Selbst in dem
Kehrichthaufen steckte ein besonderes Papier für den so wichtigen Gott des
Kehrichts. Meine drei Pferde trugen rote Bänder in ihre Mähnen eingeflochten
und vorn auf der Stirn ein breites, rotes Tuch; dies alles gehörte mit zum
Neujahrsgruß der Dienerschaft. Und „Fa ts` ai ba! fa ts` ai ba! werde reich!
werde reich !" wünschte man sich gegenseitig.
Bei der Neujahrsvisite beim Amban, die ich zusammen mit Mr. Ridley
r machte, gelang es zum erstenmal, diesen alten Herrn zu Gesicht zu bekommen.
Er begrüßte uns in seiner Vorhalle, wie es in China allgemein üblich ist, und
führte uns dann unter vielen Verbeugungen und mit dem verbindlichsten Lächeln
in seinen Gästeraum. Dort angekommen, sprach er vom ersten Augenblick an
unausgesetzt und gab sich in unzweideutiger Weise die größte Mühe, uns ja nicht
. zu Wort kommen zu lassen. Er traute uns nicht. Er fürchtete einen Vorwurf,
der ihn in den Augen seiner Leute herabgesetzt hätte. Kaum daß es möglich war,
auch nur unsere Neujahrsglückwünsche anzubringen. Er vermied jeglichen
Dialog und wiederholte nur immer, wie leid es ihm tue, daß ich in seinem Gebiet
überfallen worden sei und daß die Hsië dia nicht besser gesorgt hätten. Sie hätten
die Schuld. Er werde unseren Begleiter streng bestrafen lassen. Seine Soldaten
seien unterwegs und würden alle meine Sachen zurückbringen2). Wenn ich
ein zweites Mal in seiner Provinz reise, so solle ich ihm j a zeitig mitteilen, wann
ich gehe, er lasse mich das nächste Mal nicht ohne eine Soldateneskorte ziehen.
„Ich gebe dir Soldaten mit. I ding wo ba ni sung. Verlasse dich darauf, ich werde
dich begleiten lassen!" wiederholte er immer wieder, ohne daß ich noch mit einem
Wort darum hätte bitten können. Sich dann plötzlich unterbrechend, ersuchte
er uns höflich aber bestimmt, den Tee zu trinken, und da wir einen Augenblick
tun wollten, als hörten wir nicht, so wiederholte er diese Bitte. Es blieb nichts
anderes übrig, als zur Teetasse zu greifen „Tso—aá !" Aufbruch! Abfahrt!
schrien die Türsteher im nämlichen Augenblick. In ganz China ist die Einladung,
Tee zu trinken, nur die Aufforderung zum Gehen, und wenn ein Gast nach der
Teekanne greift, die immer bei jedem Besuch neben ihn gesetzt werden muß,
so weiß jedermann, daß man nun aufbricht. Nach kaum fünf Minuten befanden
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1) Auch Ts`ao wang ye genannt. Er ist der Hauptgott der Familie. Er untersteht dem Stadtgott und endlich dem allmächtigen Gott des Himmels, dem allerersten Gott der Chinesen, und natürlich auch dem Kaiser, dem Himmelssohn. Er behütet das Feuer und den häuslichen Herd. Am 23. oder 24. Tag des letzten Kalendermonats steigt er gen Himmel und berichtet dem Himmel, wie es das Jahr über in der Familie zuging. Darum ist dieser Tag sehr wichtig und heißt das Kleine Neujahr. Süßigkeiten, Reis und andere Sachen werden ihm an jenem Tage geopfert, und während sein Bild im Feuer verbrennt, ruft ihm die gesamte Familie noch nach: „Herr Küchengott, Herr Küchengott, sagt ja nichts Schlechtes von uns aus !" In der eigentlichen Neujahrsnacht kommt er vom Himmel zurück, wenn die Menschen sein Bild wieder frisch an die Wand kleben.
2) Tatsächlich brachen sie auch drei Tage später zum Kuku nor auf und brachten mir alle meine Tiere, wenn auch leider keinen der unersetzlichen Ausrüstungsgegenstände zurück.
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