National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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Auch die Männer zeigen manche Verschiedenheiten. An der Kleidung, und
wie sie angelegt ist, ist für jeden mit leichter Mühe der Ort der Herkunft
abzulesen. Auf den ersten Blick ist der Lhasa-Tibeter heraus zu erkennen, der
Goba, der Herr, wie man ihn in Hsi ning kurzweg nennt, weil meist nur größere
Kaufleute aus Lhasa dort durchkommen. Er trägt lange, dicke Zöpfe, die vom
ganzen Kopf ausgehen. Er ist meist etwas dunkler gekleidet, hat gewöhnlich
einige halblange, chinesische Jacken an und zeigt oftmals auffallend dunklen
Teint, stärkere Behaarung des Körpers und — ganz besonders hervorstechende
Schmutzigkeit. Die Bewohner vom oberen K`am, vom Yang tse-Tal und vom
Quellgebiet des Mekong zeichnen sich durch ihre kunstvoll genähten bunten
Schuhe aus. Sie tragen das Haar wild zerzaust und lang wachsend. Sie fallen
jedem durch ihr ungepflegtes wildes Aussehen auf. Die Banag-Tibeter tragen sich
besonders stolz und kriegerisch. Der Schafpelzmantel, den sie auf der Haut
tragen, ist ihr vornehmlichstes Kleidungsstück. Nie gehen sie unbewaffnet,
immer steckt ihnen das Schwert horizontal im Gürtel. Sie gefallen sich darin,
den durch den Gürtel hoch gehaltenen Pelzmantel hinten unter dem Kreuz
in möglichst vielen Falten und möglichst kurz zu tragen. Wunderbare Typen
finden sich gerade unter den Banern, wetterharte markige Gesichter mit breiten,
dicken Adlernasen. Sie sind immer bartlos und der Kopf ist bis auf eine kleine
Stelle am Scheitel glatt rasiert. Oft ist die mongoloide Doppelfalte an den
Augenlidern kaum mehr zu erkennen.
Männer in grellgelben, roten, grünen, blauen Baumwolle-, Wolle- und Seide-
mänteln, die bis an die Knie reichen und durch den Gürtel emporgehalten werden,
so daß an den Hüften und am Rücken breite, weite Falten sich bauschen, auf
dem Kopf riesige Fuchsfellmützen oder kleine, kokett auf der Seite sitzende
Zipfelkappen aus weißem, feinem Zickchenfell, drängen sich durcheinander,
dunkelbraun gegerbt die Gesichter, immer blauschwarz das Haar, oftmals die
muskulösen Arme und Schultern vom Pelz entblößt. Da steht ein Kerl von 1,80 m
vor mir und grinst mich an, daß aus dem kaffeebraun gebrannten Gesicht die
breiten, schöngestellten Zähne wie Elfenbein hervorschimmern. Auf der Brust
trägt er eine kupferne Amulettbüchse in der Größe einer kleinen Zigarrenkiste.
Sie enthält seinen Schutzgott, seinen Fetisch. Dort rutscht unbekümmert um
die tausendköpfige Menge ein besonders frommer Pilger vom Klostertor her,
das Angesicht weiß vom Staub und Schmutz der Straße, und drückt eben aufs
neue die Stirne in den Kot. Alle drei Schritt fällt er platt auf die Erde. Plump
gekleidete Tibeterinnen in langem, dickem, hübsch mit Leopardenfell ver-
brämtem Schafpelz, in mächtigen Kanonenstiefeln, ziehen kichernd an mir
vorbei. Es sind oft blitzsaubere — doch nein, alles nur nicht saubere — aber
fesche Madeln, die auf ihren Ponys reiten können wie der Teufel, Schelmen-
gesichter, wenn man sie nicht photographieren will, vor diesem Ding aber
verflucht ängstlich, knusprig braun gebrannt und rotbackig, und eine Wange
in solch einem breiten Mongolengesicht hat Platz.
Ich blieb beinahe zehn Tage im Kloster wohnen. An der Eigenart des lamaisti-
schen Kultes und an dem bunten farbenfreudigen Völkergewimmel konnte ich
mich nicht satt sehen. Am 14., 15. und 16. des I. chinesischen Monates war
um die Klosterstadt noch eine Zeltstadt entstanden. Trotz aller Anspruchslosig-
keit der Festbesucher hatte das Kloster doch nicht mehr Platz genug für alle.
Vom Klostertor an, das Tal hinab bis zu dem etwa zwei Kilometer entfernten
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