National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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brachen und uns den Weg zu unseren Pferden abschnitten. Es war unmöglich,
zu unseren Tieren zu gelangen und auf und davon zu reiten. Es schien auch zu-
nächst nicht mehr dringend nötig zu sein. Unter Lachen erzählte der Häupt-
ling, was sie beredet hätten.
„Dumme Dächse sind die Tschebts`a. Sie wollten uns Angst machen. Sie
gönnten uns nicht den Handel mit dir. Wie Mäuse sind sie. Du hast solch einen
schönen schwarzen Zopf. Das sieht j a jeder, du kannst nicht vom selben Volk
sein wie der gelbhaarige Fremdling, der uns unsere Brüder getötet hat."
In der zweiten Nacht bei den Ts`anern haben wir drei nicht viel geschlafen.
Wir fühlten uns wie gefangen in einer Falle. Jedesmal, wenn die Hunde an-
schlugen, zuckten wir zusammen, und fester umfingen unsere Hände die Waffen,
mit denen im Arm wir uns zur Ruhe gelegt hatten. Stundenlang stritten
Tsch`eng und ich, ob ein Tibeter jemand im eigenen Zelt bei Nacht und meuch-
lings ermorden würde. Ich sagte nein. Tsch`eng aber traute es den Tibetern zu.
Wie alle Chinesen, so hielt auch er die Tibeter für jeder Unritterlichkeit und
Schandtat fähig.
Kaum daß es im Osten etwas dämmerte, als wir uns eben von unseren Gast-
gebern verabschieden wollten, da stellten sich zu unserem immer größer werden-
den Erstaunen und Schrecken mehr und mehr Tibeter beim Häuptling ein
mit Ochsen und Pferden, und alle boten mir ihre Tiere zum Kaufe an. Um
uns möglichst harmlos zu stellen, kauften wir rasch noch einige. Bald aber er-
klärte ich, mein Silbervorrat sei zu Ende. Eine Ausrede, die mir fast gefährlich
wurde. Einige Tibeter versuchten meine Kleider zu betasten, um festzustellen,
ob es wahr sei. Wenn sie hierbei meine Pistole entdeckt hätten!
Mit Silberabwiegen beschäftigt, saß ich zuletzt auf dem Wiesenplan draußen.
Der Hunde wegen waren wir fern von den Zelten. Etwa zwanzig Männer um-
ringten mich, alle in fettigen, schmierigen Pelzmänteln, alle mit tiefbraunen,
von tausend Falten durchfurchten Gesichtern, durch Winterstürme und die
stechende Gebirgssonne unsäglich verwetterte Gesellen, alle mit dem kurzen
Schwert quer in ihrem Gürtel. Im Boden unweit von mir steckten ihre langen,
dünnen Lanzen. Auf der Erde lagen die stets geladenen Gabelgewehre. Rings-
herum standen die Reitpferde angepflöckt. Da fuhr plötzlich eine rauhe
schwarze Faust mir über das ganze Gesicht und höhnisch klang es mir in die
Ohren : „Du hast mal viele Bartstoppeln ! Und was für feine gelbe Haare an
deiner Stirne wachsen!"
Ein auch in Tibet auffallender Kerl war es gewesen, der so sprach. Eine
breite und schlecht vernarbte Schmarre zog ihm über das ganze Gesicht. Durch
einen Schwerthieb war ihm seine Nase gespalten worden und sein linkes Auge
erblindet. Eine Bulldoggnase hatte das Gesicht dadurch erhalten und wie bei
so vielen Zelttibetern schauten noch obendrein zwei breite Zahnschaufeln
zwischen den Lippen hervor. Ich hatte eine ähnlich häßliche Schwertspur nur
noch in Hsiang yang fu am früheren Generalissimus von Hu pe gesehen. Der
Chinese hatte sie von der Tai ping-Rebellion im Dienste seines Kaisers. Der
Tibeter aber hatte die seine sicherlich nicht auf einem Felde der Ehre geholt.
Es lag etwas Teuflisches in dem Gesicht. Noch heute, wenn ich einen schweren
Traum habe, erscheint mir manchmal diese Fratze. Damals war es aber kein
Traumgesicht, das mich angrinste. Es war ein banger Moment. Doch hielt ich
mich zurück und blieb äußerlich so ruhig, wie ich konnte.
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