National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
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Meine Tibetreise : vol.1 |
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schlechten Ernten in die Hände der wucherischen Mönche geraten waren und
vor dem Ruin standen. Gerade die Führer der Bewegung schuldeten den
Mönchen ungeheure Summen nach zentralasiatischen Vermögensbegriffen. Sie
hofften durch die Rebellion von ihren Peinigern loszukommen oder zum
mindesten einen Ablaß zu erhalten.
Die Mönche von Dunkur sind kleine Lebenskünstler. Ihr Heiligtum steht
an einem wahrhaft idyllischen Ort. Dem Tempelgebäude gegenüber liegt ein
kleiner Tannenwald am Berghang. Das Kloster steht 3100 m über dem Meer
und weit und breit findet man sonst nur Weidengebüsch erhalten, das wenig
höher als 1 m über den Boden sich erhebt. Dieser Tannenwald gehört zu dem
Heiligtum. Seine Ruhe darf nicht gestört werden. Hasen und Murmeltiere
haben darin in großer Zahl ihr Heim aufgeschlagen. Niemand ist es erlaubt,
die Tiere zu jagen, denn nach der lamaistischen Lehre vom Zyklus aller
Wesen können Seelen nach dem Tode gezwungen sein, in Tiere zu fahren,
d. h. als Tiere wiedergeboren zu werden, weil sie den Versuchungen der Welt
nicht standhielten. Sie brachten es also während ihres Menschenlebens nicht
weiter zur Vollkommenheit und Heiligkeit, sondern sie dienten rückwärts, und
man glaubt, daß diese armen Seelen meist nicht erst weite Reisen machen,
sondern gleich in der Nähe wiedergeboren werden. Ein alter Priester zeigte mir
ein kleines Murmeltier, das sich unweit von seinem Haus einen Bau gegraben
hatte, und versicherte mich allen Ernstes : „Das ist mein Bruder gewesen, bevor
er starb. Er war Priester dieses Klosters und hat zur Strafe für seine Ver-
fehlungen in diesen Tierkörper ,wechseln` müssen."
Am 20. April, d. h. am 28. des III. tibetischen Mondmonats, besuchte ich
das Kloster Dunkur, weil an diesem und an den folgenden Tagen ein Jahr-
markt dort stattfand und das Volk aus der ganzen Umgebung zusammen-
geströmt war. Man trank, betete und amüsierte sich königlich dabei. Auch
Chinesen von unten aus Dankar und Hsi ning hatten sich eingefunden; diese
waren freilich nur als Krämer und Garküchenbesitzer gekommen. Zu den
tibetischen Festen zieht den Chinesen nicht sein Glaube, sondern sein Geschäfts-
sinn. Der Chinese glaubt nicht blindlings wie der Tibeter alles, was die Lama
sagen. Wohl ist auch er Buddhist, wohl ist der Chinese der Grenze im Glauben
und ebenso in der Lebensführung und in den Sitten oft auffallend dem Tibeter
ähnlich, ja vielfach scheint sich die tibetische und chinesische Bevölkerung -
zumal da, wo beide Ackerbauern sind — enger zusammengehörig zu fühlen
als die Chinesen und Mohammedaner, die sich ihrerseits ständig hassen und
verachten. Es besteht aber, was den Charakter betrifft, schon gleich an der
Grenze ein gewaltiger Unterschied auch zwischen Chinesen und Tibetern. Der
Chinese ist viel skeptischer und kritischer veranlagt. Er zeigt bewußt den ver-
feinerten Kulturmenschen. Selbst der einfachste chinesische Landarbeiter fühlt
sich als Angehöriger einer bevorzugten Rasse, eines großen und reichen Staates.
Diese höhere Kulturstufe hat aber viele Sorgen mitgebracht, die der Tibeter,
der „fan tse", der Wilde oder Barbar, nicht kennt. Der Chinese zeigt sich schon
immer wie der Europäer stolz auf tausend Kleinigkeiten, die ihn aber alle zu-
sammen nur plagen. In dem viel schwereren Kampf ums tägliche Brot hat
die Mehrzahl der Chinesen gegenüber dem Nachbar die natürliche Schlichtheit
und Harmlosigkeit eingebüßt. Die Tibeter, voran die Nomaden, genießen
weit mehr in ihren Freuden. Bei keinem Fest in China sah ich je so viele lustige
dow
+1
a~.
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