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0150 Meine Tibetreise : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / Page 150 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000264
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konnte. Trotz allen Minierens und verschiedener Sturmläufe hat aber die kleine Christenburg ausgehalten, bis die Pekinesischen Wirren zu Ende waren und der Befehl kam, die Fremden zu schützen und nicht zu töten.

Jetzt ist es der Kampf mit den fortwährend wechselnden und vordringenden Sandmassen, der die Arbeit der Pères erschwert. Auch haben sie natürlich viel von den Lamas zu leiden, die von den chinesischen Beamten moralisch unterstützt werden. Der Ort selber ist ziemlich gesund, nur das Wasser schmeckt schlecht und brackig. Pocken, Typhus, Scharlach und die in China allenthalben sehr verbreitete Hundswut sind die Hauptübel. Einer der belgischen Pères, der wenige Wochen vorher von einem kleinen Hunde, den er hatte streicheln wollen, kaum fühlbar gebissen worden war, starb eben damals an der Hydrophobie. Auch die Kindersterblichkeit in der Gemeinde ist sehr groß. Fast täglich sah ich einen der Pères einem kleinen Sarge das Geleite geben. Die Bestattung von Kinderleichen muß die Mission ganz allein besorgen, auch den Sarg selbst stellen. Chinesische Eltern, auch Christen, kümmern sich in der Regel weiter nicht darum. Es ist schon viel, wenn der Pater erreicht, daß die Leiche nicht einfach über die Mauer geworfen, sondern wie die eines Erwachsenen durch das Hoftor durchgelassen wird. Nach chinesischer Ansicht kann so die Seele den Weg wieder zurückfinden und also ebensoviel Unheil anrichten wie die eines Erwachsenen, dessen Seele in China immer mit vielen Kosten gebannt und befriedigt wird.

Ein siebenstündiger Marsch von der Missionsstation weiter nach Westen, immer in der großen Ebene, in der auch Hsiao kiao pan liegt und die einem alten zugewehten Salzsumpf zu entsprechen scheint, brachte mich aufs neue

durch die große Mauer und gleich hinter und innerhalb derselben zur Stadt Ngan bien, dem Sitz eines Or fu. Die Mauer kommt hier von ihrem Bogen

aus Süden zurück und zieht sich in nordwestlicher Richtung hin. Sie ist hier noch ziemlich gut erhalten, ihr Lehmkern ist heute noch auf weite Strecken durch eine doppelte Ziegellage nach außen hin geschützt 1). Alle 20 km etwa finden sich nur wenige hundert Meter hinter der Mauer größere, stadtartig angelegte Standlager, die heute noch bewohnt und Sitz von Zivilbeamten sind. Aber alle diese Grenzdistrikte, wo die Ordos und die Provinzen Schen si und Kan su zusammenstoßen, sind öde, wenig fruchtbar und sehr dünn besiedelt.

Um der Einförmigkeit zu entgehen und die Höhen kennen zu lernen, welche die Ebene von Hsiao kiao pan und Ngan bien hsien im Süden begrenzen, fügte ich hier einen mehrtägigen Abstecher ein, der mich von der großen Mauer bei Ngan bien beinahe genau südlich führte. Ich ging aber nur so weit, bis ich jenseits wieder im Grunde von engen Schluchten horizontale Sandsteinbänke antraf. Das ganze Bergland, das bis zu 500 und 600 m über den südlich wie nördlich davon söhlig hervorsehenden Sandsteinen aufsteigt, bestand r ein aus Löß. Kein Steinchen gab es darin, kaum irgendwo einige Kalkknollen und Tonkindchen, die mal eine Art Schichtung vortäuschen mochten; alles nur gleichmäßige, mürbe, gelbe Erde, die sich wie Mehl zwischen den Fingern zerreiben ließ, mit feinen röhrenförmigen Kanälchen im Innern und dann und wann ein paar kleinen Landschneckenschalen darin.

Hier dicht am Rande der Ordos-Mongolei, fast direkt aus den Sanden und

     
     
     
     
 
     
 
   

1) Dieser Teil wurde erst 1474 zum Schutz gegen die Mongolen begonnen.

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