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0333 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 333 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000224
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gefertigten Lederflasche (tashur), die mit einem Holzstöpsel und klirrendem Eisenschmucke versehen ist, aufbewahrt. Er wird ein wenig erwärmt genossen. Im Sommer werden Unmassen dieses Milchbranntweins getrunken, so dass in den milchreichen Monaten fast die ganze Altai-Bevölkerung betrunken ist. Selbst Weiber und Kinder geniessen Branntwein , wenngleich nur sehr mässig. Der Iilchbranntwein hat einen saueren unangenehmen Geschmack und einen ebenso unangenehmen Geruch, so dass es in der ersten Zeit einige Ueberwindung kostet, ihn zu geniessen; hat man ihn öfters getrunken, so gewöhnt man sich daran und merkt den Geruch nicht mehr. Man kann ohne jede Wirkung eine bis zwei kleine Holzschalen leeren.

Ein klares Bild von dem gewöhnlichen Leben und Treiben der Altajer zu entwerfen, ist für Reisende eine sehr schwierige &ach°. Ihr Erscheinen in einem Aule bringt schon einen Ausnahmezustand hervor, der bei dem Stillleben der Bewohner der Altai-Thäler gewiss schon einer Art Feiertag gleichkommt. Das Erscheinen der Karavane eines Reisenden lockt Alt und Jung aus den Jurten herbei, bald verbreitet sich die Kunde des Eintreffens in den benachbarten Orten und nach wenigen Stunden sind alle Jurten voll Menschen und man sieht ein so buntes Treiben bei denselben, wie es gewiss sonst Monate lang nicht vorkommt. Erst bei längerem Aufenthalte an einem Orte wird das Leben ruhiger, kommt aber, wie ich mich selbst überzeugen konnte, auch nach Wochen nicht völlig in's Gleichgewicht. Minder störend wirkt die Ankunft von Fremden auf Festlichkeiten, zu deren Feier sich das Volk versammelt hat. Hier ist man zu sehr mit den eigenen Angelegenheiten und Genüssen beschäftigt, gegen die das Interesse für die Fremden in den Hintergrund tritt. Ich habe mehrmals Gelegenheit gehabt, dergleichen Festen beizuwohnen. Die religiösen Festlichkeiten beim Opfer werde ich später zu schildern Gelegenheit haben. Sonst wurden mir noch als besondere Feste ein Frühlings- und ein Herbstfest genannt. Ausserdem finden oft bei reichen Leuten Festmahle statt, wenn im Sommer grössere Thiere, wie Pferde, geschlachtet werden, sei dies bei Gelegenheit eines Familienfestes, wie bei der Namensgebung eines &ohnes, bei Hochzeitsfesten, oder auch nur wenn ein Thier verunglückt ist und geschlachtet werden muss.

Wie bei einem gefallenen Thiere sich die Raubvögel einfinden, von denen jeder hofft an der Beute Theil zu nehmen, ebenso