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0011 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.1
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.1
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.1 / Page 11 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000040
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GANDHARA UND OSTTURKISTAN

Die alte Landschaft Gandhära war etwa bis zum io—i i. Jhdt. n. Chr. indisches, von indischen Stämmen bewohntes Land'. Sie umfaßte den heutigen Distrikt von Peshäwur im Pandschäb mit der gleichnamigen Stadt, dem alten Purusapura, das Tal des Käbulflusses und die alten Landschaften Kapi$a im Westen und Udyäna im Norden, mit jenen Tälern, die heute BunEr, Swät, Pandschkorah und Badschaur benannt sind. Unter dem Namen Gandhära kann man also das Gelände zwischen den Südufern des Kabulflusses und den Gipfeln der Ketten des Hindukusch zusammenfassen.

Dieses Land war die Schwelle Indiens, denn die alte Königstraße, Strabos 68o5 3aaiÄtxrl, führte über Peshäwur durch die Eisenpforten des Chaiberpasses nach Kabul, Bämiän und Balkh im Nordwesten, nach Ghazna usw. im Südwesten; bei der ungeheueren Bedeutung, die in jenen frühen Zeiten der Uberlandverkehr nach und von Indien besaß, ist es begreiflich, daß dieses Gebiet ein Brennpunkt des geistigen Lebens Nord-Indiens wurde. Hier entstand denn auch das erste indische Alphabet, und der größte Sanskrit-Grammatiker, Pänini, ist hier geboren worden.

Der Einfall Alexanders des Großen in Indien war nicht bloß ein folgenloser Streifzug, sondern der Anfang eines für den ganzen Orient wichtigen Zeitalters. Seine Nachfolger, und nach ihnen kühne hellenische Abenteurer, gründeten in Baktrien und in Nordindien Königreiche, die hellenische Kultur und Kunst pflegten und deren letztes erst kurz nach Beginn unserer Ara zu Grunde ging.

Die indische Bevölkerung war, wir wissen nicht in welchem Grade, mit Hellenen und Makedonen vermischt; eine Mischung, die sich um so leichter vollzog, als die Inder Gandhäras nicht zu jenen Stämmen der Ärya2 gehörten, die durch Mischung mit den schwarzen Urbewohnern Indiens den Namen „Inder« zwar mit Recht führten, aber ihre ethnische Verwandtschaft mit den Hellenen beeinträchtigt hatten.

Jedenfalls aber lebten diese Stämme unter den Einflüssen der antiken Kultur und Kunst und die Münzen der hellenischen Könige, die ziemlich häufig gefunden werden, sind oft durch größte Schőnheit und technische Vollkommenheit der Prägung ausgezeichnet.

Schon in der letzten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts machte der Buddhismus unter den hellenischen und hellenisierten Einwohnern dieser Gegenden Fortschritte und als die hellenische Herrschaft in Baktrien um 13o v. Ch. dem Ansturm der aus dem Norden vordringenden Indoskythen erlag, übernahmen diese neuen Eroberer die Kultur der Unterworfenen. Jedenfalls finden wir im ersten nachchristlichen Jahrhundert in Gandhära eine eigentümliche religiöse Kunst festen Stiles, die den Formenschatz der antiken Welt übernommen, ihn buddhistisch umgedeutet und mit indischem Geiste erfüllt hatte. Ganz analog den Vorgängen in Westeuropa, wo um dieselbe Zeit unter Umdeutung der antiken Formen die christliche Antike entstand, um später eine Grundlage für die Kunst der westlichen Völker zu werden, entstand hier aus denselben Elementen die buddhistische Antike, die die Grundlage werden sollte für die religiöse Kunst aller buddhistischen Völker Asiens, einschließlich Chinas und Japans.

Erst die Gandhäraschule schuf, nach dem. Vorbilde des Apollon oder Dionysos, den Typus des Buddha, der in allen buddhistischen Ländern Asiens nachgebildet wurde — eine Schöpfung, zu deren Gestaltung es den frühen indischen3 und chinesischen Künstlern sowohl an fruchtbarem künstlerischen Geist, wie an technischem Können gemangelt zu haben scheint. Aber neben der Gestalt des Buddha stehen so zahlreiche andere Entlehnungen aus der Gandhära-Kunst, mehr oder minder umgedeutet und in indischer, später ostasiatischer Art, umgearbeitet, daß man die buddhistischen Kunstübungen der Inder wie der Chinesen ohne Kenntnis dieser hellenistisch-indischen Mischkunst nicht verstehen kann. Die buddhistische Kunst ist zunächst in allen buddhistischen Ländern ebenfalls eine von Gandhära aus mächtig beeinflußte Mischkunst.

' Früher als andere Inder finden wir die Gandharer in hellenischen und westasiatischen Quellen erwähnt. Die Satrapienlisten des Darius zu Behistun und Nagt-i-Rustem erwähnen Gandaria neben Indien; Hekataeus nennt sie rávSape 'Ivarov 8voç und auch Strabo und Ptolemäus rechnen Gandaris (oder Gandaritis) und die Gandarae zu den indischen Ländern und Völkern. Der alte indische Name des Landes war Sindhu Gandhära; die alten Städtenamen sind indisch. Nach dem Niedergang der Indoskythen und dem Erlöschen des Buddhismus finden wir wieder brahmanische Hindu-Könige in Kábul; erst die Eroberung des Landes durch den Islam und die

Einwanderung der Afghanen haben Gandhära zu einem ostiranischen Lande gemacht (ro.—rr. Jhdt.).

2 Die Ärya waren die Träger der indischen Kultur, nicht die Schwarzen, und es mutet merkwürdig an, wenn die neuen Mischrassen den auf indischem Boden unvermischt gebliebenen Stämmen des alten Kulturvolks den Namen der mleccha beilegten!

2 Auf den primitiven älteren Bildwerken der Inder wird der Buddha durch einen Thronsessel mit darüber stehendem Sonnenschirm als Zeichen königlicher Würde dargestellt.

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